„Goldene Abrissbirne“für den Gesundheitsminister
Schmähpreis für Manfred Lucha wegen Klinikschließungen im Südwesten – Er hält an seinem Kurs fest
- Das Bündnis Klinikrettung hat dem baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch die „Goldene Abrissbirne“verliehen. Lucha verantworte eine Politik, die Klinikschließungen im Südwesten aktiv vorantreibe – so die Begründung für den Gewinn des Schmähpreises, der in Deutschland zum ersten Mal verliehen wurde. Das Bündnis Klinikrettung ist ein bundesweiter Zusammenschluss vieler Bürgerinitiativen, die sich gegen Klinikschließungen stark machen.
Fakt ist: Die Krankenhäuser in Baden-Württemberg werden immer weniger. Allein in den vergangenen zwei Jahren haben acht Kliniken in Baden-Württemberg geschlossen – damit ist der Südwesten deutschlandweit Spitzenreiter. Die Kritik an Gesundheitsminister Lucha war von Beginn an groß. So demonstrierten beispielsweise viele Bürger im vergangenen Herbst gegen die beschlossenen Schließungen der beiden Krankenhäuser in Pfullendorf und Bad Saulgau. Mit den Schließungen der beiden Häuser würde im ganzen Kreis nur noch eine zentrale Klinik in Sigmaringen übrig bleiben.
Auch das Bündnis Klinikrettung kann die Schließungen nicht nachvollziehen. „Die Verluste kleinerer Krankenhäuser sind strukturbedingt“, sagt Rainer Neef vom Bündnis Klinikrettung. Seit Einführung von Behandlungspauschalen müssten Kliniken schnell viele Patienten behandeln, um ausreichend wirtschaften zu können. Je kürzer der Aufenthalt der Patienten, desto weniger Kosten für das Krankenhaus, desto besser rechnet sich die Behandlung. „Unter diesen Bedingungen können kleine Häuser kaum überleben“, betont Neef. Für das Bündnis habe eine neue Struktur mit wenigen Zentralkliniken weitreichende Folgen. „Wir zerstören unsinnig die Gesundheitsinfrastruktur, die sowieso schon Lücken aufweist“, betont Neef. „Die Bedarfsfrage der Patienten spielt kaum eine Rolle.“Bei weiteren Klinikschließungen befürchtet er eine stark reduzierte Notfallversorgung im ländlichen Raum und eine Abwanderung von Fachkräften.
Dass Lucha nun mit der „Goldenen Abrissbirne“ausgezeichnet wird, „war uns bis dato nicht bekannt. Eine Kommentierung dazu erübrigt sich“, sagt Ministeriumssprecherin Claudia Krüger auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Sie ging lieber auf inhaltliche Aspekte ein. Die stationären Behandlungen hätten in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und würden weiter sinken. „Damit die Menschen in Baden-Württemberg auch in Zukunft die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten, braucht das Land einen dringend notwendigen Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft“, betont sie.
Künftig werde es größere und leistungsfähigere Kliniken geben, in denen Kapazitäten gebündelt werden. Experten wie Medizin-Professor Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin halten etwa 600 Häuser in Deutschland für ausreichend. „Gründe dafür sind immer komplexere medizinische Behandlungsmöglichkeiten, die notwendige Einhaltung von Qualitätsvorgaben und nicht zuletzt auch wirtschaftliche Gründe“, sagt Krüger. Diesen Weg wolle das Ministerium weiter fortsetzen. In den vergangenen Jahren haben im Südwesten unter anderem die Krankenhäuser in Riedlingen, Weingarten und Spaichingen ihre Tätigkeiten eingestellt.
Bei einer Rede im vergangenen Dezember vor dem Ravensburger Kreistag hat Lucha auch eine Diskussion weiterer möglicher Klinikschließungen angestoßen. So beispielsweise für die Standorte Bad Waldsee oder Wangen. Bis Ende Mai soll der Ravensburger Kreistag über die künftige Struktur der Oberschwabenklinik entscheiden. Sollten die beiden Krankenhäuser in Wangen und Bad Waldsee tatsächlich schließen müssen, wäre die Klinik in Ravensburg die einzig verbleibende im ganzen Kreis Ravensburg.
Für seine Politik habe Lucha sich den Preis der Goldenen Abrissbirne redlich verdient, sagt Laura Valentukeviciute vom Bündnis Klinikrettung, die die Laudatio für Lucha vortrug. „26 Klinikschließungen gehen auf Ihr Konto. Damit sind Sie prädestiniert für diesen Preis, Herr Lucha.“Der Schmähpreis selbst ist eine eingerahmte Karikatur, die den Abriss einer Klinik darstellt. Am Donnerstag will das Bündnis den Preis vor dem Gesundheitsministerium in Stuttgart übergeben.