Söders bedrohte Fischlein
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist ein moderner Politiker. Zu diesem Selbstverständnis gehört es freilich, seine Haltung und Integrität stets flexibel an die jeweilige Windrichtung anzupassen, aus der die öffentliche Meinung gerade weht. Fast ein bisschen so wie bei Windrädern, die in Bayern Seltenheitswert besitzen und damit unter windkraftenergetischem Artenschutz stehen.
Apropos Artenschutz: Neulich hat Herr Söder das Internet genutzt, um seine Fangemeinde über eine seiner Mahlzeiten zu informieren. Mit
Foto und Text, welcher folgendermaßen lautet: „Heute ein ganz besonderes Mittagessen: ,Meefischli’ – das sind kleine Fische aus dem Main. Eine echt unterfränkische Spezialität. Gibt es kaum noch – umso mehr schmeckt es.“Auf dem Bild zu sehen ist ein Teller mit grobem Kartoffelsalat und einem knappen Dutzend frittierter Fischlein.
Vielleicht hätte man auch etwas anderes essen können, wenn Söders Fischli offenbar vom Aussterben bedroht sind. Aber wo kämen wir denn hin mit der Evolution, wenn der Stärkere den Schwächeren plötzlich nicht mehr fräße? Außerdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass jene Dinge, die kurz vor dem Aussterben stehen, manchen Leuten besonders gut schmecken. Chinesische Gourmets werden das bestätigen können, die 2006 die letzten Flussdelfine oder 2020 den letzten Schwertstör verputzt haben. Wenn etwas Altes geht, kommt auch wieder etwas Neues. Interessant wird sein, welche Spezies dereinst den Typus bayerischer Landesvater nach Söder’scher Prägung ablöst. (nyf)
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