Südwest-Polizei boykottiert bundesweite Studie
Umfrage soll Auskunft zu Motivationen und Einstellungen der Beamten geben – Personalrat legt Veto ein
(dpa) - Die Polizei in Baden-Württemberg boykottiert eine bundesweite Studie zu Erfahrungen und Einstellungen von Polizeibeamten. Nach einem Veto des Hauptpersonalrats wird ein Onlinefragebogen der Deutschen Hochschule der Polizei zunächst nicht an die Dienststellen verteilt, obwohl Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Polizeipräsidentin Stefanie Hinz für eine Teilnahme geworben hatten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann will das nicht einfach so hinnehmen. „Wir wollen, dass diese Studie gemacht wird“, sagte der Grüne am Dienstag in Stuttgart. Er werde klären lassen, ob der Hauptpersonalrat überhaupt die Möglichkeit habe, die Teilnahme der Beschäftigten der Polizei an der Studie zu blockieren. „Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Kretschmann.
Die Studie geht auf den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurück, der damit auf Forderungen reagierte, möglichen Rassismus und Rechtslastigkeit in der Polizei zu untersuchen. Die Untersuchung wurde dann aber deutlich breiter angelegt. Alle Innenminister der Länder unterstützen das Forschungsprojekt zu „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag“von Polizisten. Über die Ablehnung im Südwesten hatte zuerst die „Stuttgarter
Zeitung“berichtet. In fast allen anderen Bundesländern ist die vom Bund initiierte Befragung schon abgeschlossen – nur in Hamburg hat sich ebenfalls der Hauptpersonalrat dagegen entschieden.
Die Frage ist, ob die Spitzen der grün-schwarzen Koalition die Studie nun gegen den Willen der Personalvertretung durchführen lassen wollen. Dem Vernehmen nach wollte Polizeipräsidentin Hinz diese unbedingt einbinden, um die Akzeptanz unter den Beschäftigten zu erhöhen. Ein echtes Mitbestimmungsrecht habe der Hauptpersonalrat aber nicht. Die Teilnahme an der Umfrage wäre für alle Beamtinnen und Beamten freiwillig gewesen.
Die FDP-Innenexpertin Julia Goll sieht in dem Veto ein Zeichen, „dass Strobl das Vertrauen der Basis völlig verloren hat“. Es gebe offenbar großes Misstrauen gegenüber allem, was aus dem Ministerium kommt – „dabei wäre der Inhalt der Studie auch aus unserer Sicht durchaus unterstützenswert, kann er doch dabei helfen, Pauschalverurteilungen der Polizei entgegenzutreten“.
Das sieht Rainer Wendt, Bundeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, anders. Er hält das Nein für völlig nachvollziehbar. Personalräte seien nicht dazu da, den Willen der Politik zu exekutieren, sagte Wendt. Im Übrigen gebe es große Zweifel an der Unabhängigkeit der Studie der Deutschen Hochschule für Polizei in Münster. „Die Polizei hat die Nase gestrichen voll von diesen ganzen Rassismus-Studien, die nichts anderes als den Zweck verfolgen, die ohnehin bei vielen vorhandene Auffassung zu bestätigen, dass die Polizei eine rassistische Schlägerbande sei.“
Wendt sagte, die Tatsache, dass außer Baden-Württemberg und Hamburg alle Länder bei der Studie mitmachten, sage nichts über die Akzeptanz bei der Polizei aus. Denn in vielen Ländern sei der Hauptpersonalrat nicht nach seiner Zustimmung gefragt worden. „Man hätte aber überall fragen müssen“, sagte Wendt. An der geringen Rücklaufquote der Fragebogen erkenne man, dass die Akzeptanz sehr niedrig sei. Bundesweit machten nach seinen Informationen gut 20 Prozent mit, in Bayern liege die Quote aber zum Beispiel bei nur zwei bis drei Prozent.