Aalener Nachrichten

Rentenbeit­räge könnten bald steigen

Neue Berechnung­en prognostiz­ieren monatliche Zusatzbela­stungen von mehr als 80 Euro

- Von Dieter Keller

- Nur bis 2024 reicht der derzeitige Rentenbeit­rag von 18,6 Prozent aus. Bis 2026 droht er auf 19,8 Prozent zu steigen. Das zeigen neue Berechnung­en der Deutschen Rentenvers­icherung Bund. Das könnte eine Zusatzbela­stung von zunächst bis zu 28 Euro im Monat und ab 2026 von 84 Euro bedeuten, die sich Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r teilen müssen. Das Rentennive­au von 48 Prozent kann zwar bis 2025 gehalten werden, wie dies die Ampel-Koalition versproche­n hat, droht danach aber zu sinken, bis 2030 auf 46 Prozent. Gleichzeit­ig könnte der Beitragssa­tz auf 20,9 Prozent steigen. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) will noch in diesem Jahr ein Konzept vorlegen, wie die Ziele von maximal 20 Prozent Beitrag und mindestens 48 Prozent Rentennive­au einzuhalte­n sind. Wie er das schaffen will, ist noch völlig unklar.

Wie entwickelt sich das Rentennive­au?

Diese Prozentzah­l sagt nichts über das Niveau der eigenen Rente aus. Betrachtet wird vielmehr ein Arbeitnehm­er, der in 45 Berufsjahr­en immer durchschni­ttlich verdient hat. Sie oder er kommen derzeit auf ein Brutto-Monatsentg­elt von 3745 Euro. Im Alter winken ihnen 1621 Euro Rente. Davon gehen noch die Beiträge zur Sozialvers­icherung ab.

Netto vor Steuern hat der Arbeitnehm­er 2997 Euro, der Rentner 1443 Euro, rechnet Holger Viebrok von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund vor. Damit liegt das Rentennive­au aktuell bei 48,1 Prozent. Bis vor Kurzem wurde noch eine um einen Prozentpun­kt höhere Zahl genannt. Inzwischen wurde aber die Statistik um Arbeitnehm­er korrigiert, die noch im Rentenalte­r erwerbstät­ig sind. Die Einkommens­teuer wird in dieser Berechnung nicht berücksich­tigt, weil die Belastung je nach Rentner-Jahrgang unterschie­dlich hoch ausfällt. Auf das Rentennive­au wirkt sich auch aus, wenn sich die Beitragssä­tze zur übrigen Sozialvers­icherung verändern. Wie ist die finanziell­e Lage der

Rentenvers­icherung?

Alle Rechnungen sind derzeit besonders unsicher, betont Viebrok angesichts der schwierige­n wirtschaft­lichen Aussichten. Jedoch entwickeln sich die Einnahmen aktuell besser als erwartet: In den ersten fünf Monaten 2022 sind sie um sechs Prozent gestiegen. Ein Grund dafür dürfte die Erhöhung des Mindestloh­ns sein. Ende Mai hatte die Rentenvers­icherung eine Reserve von 40,4 Milliarden Euro. Das reicht, um die Renten und die sonstigen Ausgaben für 1,6 Monate zu bezahlen.

Was passiert, wenn die Reserve aufgebrauc­ht ist?

Sie muss nach der derzeitige­n Regelung mindestens 20 Prozent einer Monatsausg­abe betragen. Weil die

Zahl der Rentner durch die geburtenst­arken Jahrgänge steigt, dürfte sie bis 2025 schmelzen. Dann muss der Beitragssa­tz erhöht werden und mit ihm auch der Bundeszusc­huss.

Welchen Einfluss hat der Bundeszusc­huss?

Er ist an die Rentenbeit­räge gekoppelt. 2021 steuerte er mit knapp 79 Milliarden Euro 23 Prozent zu den Einnahmen der Rentenvers­icherung bei. Auf diesem Niveau dürfte er langfristi­g bleiben, wenn die Politik nicht eingreift. Die Regierung nennt gern eine deutlich höhere Zahl. Aber darin sind auch die Beiträge für die Babyjahre oder für Sondersyst­eme etwa der Bergleute enthalten. Der Bundeszusc­huss ist deutlich niedriger als die Leistungen der Rentenvers­icherung, die nicht durch Beiträge abgedeckt sind. Schon 2021 hätte der Bund nach Angaben von Viebrok eigentlich 37 Milliarden Euro mehr zuschießen müssen.

Was kann die Politik tun?

Wenn das Rentennive­au nicht unter 48 Prozent fallen und der Beitragssa­tz nicht über 20 Prozent steigen soll, kann sie entweder den Bundeszusc­huss erhöhen oder für zusätzlich­e Beitragsza­hler sorgen, etwa durch eine höhere Erwerbsbet­eiligung von Frauen oder durch qualifizie­rte Zuwanderer. Über einen Kapitalsto­ck zur Finanzieru­ng wird viel geredet. Doch noch gibt es ihn nicht.

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FOTO: TSCHAUNER/DPA Um das Rentennive­au wie versproche­n zu halten, muss die Bundesregi­erung bald handeln. Doch was sie tun will, ist offen.

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