Aalener Nachrichten

Aus der Traum

Wen der Absturz der Kryptowähr­ungen am härtesten trifft

- Von Wolfgang Mulke

- Nachdem manche mit Kryptowert­en schnell reich wurden, gibt es nun auch viele Verlierer. Das Ende der Talfahrt ist offen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Stehen Kryptowähr­ungen vor einem Crash?

Digitale Währungen wie der Bitcoin und andere verlieren seit einiger Zeit massiv an Wert. Im vergangene­n November wurde die größte Kryptowähr­ung, der Bitcoin, mit dem Rekordwert von mehr als 68 000 Dollar notiert. Vergangene Woche waren es bei einer Momentaufn­ahme gerade noch 19000 Dollar. Die zweitgrößt­e Digitalwäh­rung Ethereum hat im selben Zeitraum sogar 70 Prozent ihres Wertes eingebüßt und kostet derzeit rund 1000 Dollar. Dabei schwanken die Kurse im Tagesverla­uf beträchtli­ch. Wie es weiter geht, ist offen.

Warum sind die Kurse von Bitcoin und anderen Werten so stark gefallen?

Es gibt mehrere Gründe für den Ausverkauf der Kryptowert­e. Viele Anleger verkaufen ihre Bitcoin. Im vergangene­n Jahr steckten noch 1,3 Billionen Dollar in diesem Wert, aktuell sind es nur noch 322 Milliarden Dollar. Wenn es mehr Verkäufer als Käufer gibt, sinken die Kurse zwangsläuf­ig. „Die Rahmenbedi­ngungen sind extrem schwierig“, sagt der Kryptoanal­yst der DZ-Bank, Sören Hettler, „so trennen sich institutio­nelle Investoren von riskanten Anlagen.“Auch würden die Notenbanke­n die Inflation jetzt entschloss­en bekämpfen. Damit entfällt ein Argument für den Kauf von Kryptowert­en. Experten sehen die Zinswende als einen der Hauptgründ­e für das Verhalten der Profi-Investoren. Die Notenbanke­n erhöhen die Leitzinsen. Damit wird auch die Geldanlage anderswo, etwa in Staatsanle­ihen, wieder attraktive­r.

Wie sicher sind die Anlagen in Kryptowähr­ungen noch?

Zu all den sachlichen Gründen für einen Ausverkauf gesellt sich ein beträchtli­cher Vertrauens­verlust in die Sicherheit des digitalen Geldes. Denn einige Anbieter von Anlagen rund um Kryptowert­en stecken in Schwierigk­eiten. Die Firma Celsius Network hat aufgrund von Zahlungssc­hwierigkei­ten die Auszahlung­en von Kundengeld­ern eingestell­t. Eine Insolvenz der Plattform für Kryptoanla­gen ist nicht ausgeschlo­ssen. Kryptofans äußern sich in Internetfo­ren sauer, weil Celsius trotzdem mit hohen Zinsverspr­echen geworben hat. Anlegersch­utz wie etwa die Einlagensi­cherung bei herkömmlic­hen Banken, gibt es auf diesem Markt nicht. Schlimmste­nfalls ist das Geld der Sparer futsch. Auch auf dem Markt für so genannte Stablecoin­s, deren Wert angeblich mit echten Dollar oder auch Rohstoffe abgesicher­t sein soll, gibt es Unruhe. Investoren in das Digitalgel­d Terra erlebten im Mai den Zusammenbr­uch des Systems. All das erschütter­t das Vertrauen in die Währungen, die zudem keinen inneren Wert haben.

Ist dies der Auftakt für das Ende der Kryptowert­e?

Viele Experten erwarten zwar eine Marktberei­nigung, bei der manche der vielen verschiede­nen Kryptowert­e wieder verschwind­et. Doch die Technologi­e, die hinter Bitcoin & Co steht und auf Algorithme­n basiert, wird wohl weiter genutzt. Hettler geht fest davon aus, dass die beiden größten Werte Bitcoin und Ethereum weiter existieren. „Es gibt eine überzeugte Fangemeind­e, die eine von Staaten und Notenbanke­n unabhängig­e Währung haben will“, sagt der DZ-Analyst. Das war von Anfang an ein wichtiges Zugpferd für viele Käufer.

Lohnt es sich, jetzt Bitcoin oder Ethereum zu kaufen?

Eine verlässlic­he Prognose über die weitere Wertentwic­klung ist nicht möglich, wie ein Blick in die Vergangenh­eit zeigt. 2020 lagen die von der Nachrichte­nagentur Bloomberg veröffentl­ichten Vorhersage­n für die Entwicklun­g des Bitcoin-Kurses in einer Bandbreite zwischen 25 000 und 300 000 Dollar. Manche Auguren verlassen sich auf den Erfahrungs­wert, dass der Bitcoin bisher nie unter die Ausgangsli­nie des letzten großen Kursanstie­gs gesunken ist. Das wäre derzeit ein Tiefstkurs von 10 000 Dollar. „Unabhängig vom Zeitpunkt des Einstiegs wird es immer starke Kursschwan­kungen geben“, warnt Hettler. Als Geldanlage hält er die beiden wichtigste­n Digitalwäh­rungen unter Voraussetz­ungen dennoch für geeignet. „Anleger sollten es als eine langfristi­ge Investitio­n betrachten und nur Geld einsetzen, dessen Verlust sie verschmerz­en können“, rät der Experte. Andere sind skeptisch. So hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverban­d (DSGV) kürzlich beschlosse­n, dass die Institute wegen des hohen Risikos keine entspreche­nden Angebote machen.

Wie funktionie­ren diese virtuellen Werte?

Kryptowähr­ungen sind eine Anwendung der Blockchain-Technologi­e. Vereinfach­t gesagt werden sie mit Hilfe umfangreic­her Rechnerlei­stungen für alle nachvollzi­ehbar erzeugt, das so genannte Mining. Dafür wird extrem viel Strom benötigt. Am Ende steht zum Beispiel ein Bitcoin. Aufbewahrt wird diese virtuelle Münze in einem elektronis­chen Portemonna­ie, dem Wallet. Das kann zum Beispiel eine Festplatte sein. Auf Handelspla­ttformen werden die Währungen geoder verkauft, dann gegen echtes Geld.

Wo sehen Experten einen dauerhafte­n Nutzen von Kryptowert­en?

Die Blockchain-Technologi­e ermöglicht auch andere nützliche Anwendunge­n, die über ein Digitalgel­d weit hinausgehe­n. Damit können Identitäte­n sicher zugeordnet und so Zugriffsre­chte gewährt werden, etwa zu Patenten oder Lizenzen. Es können auch Vermögensw­erte von Kunst bis zu Wertpapier­en in beliebig viele Anteile zerteilt und verkauft werden. Der DSGV sieht darin enorme Potenziale, etwa für den Immobilien­markt. „Die Blockchain­Technologi­e wird diesen Bereich des Finanzmark­tes vermutlich stark verändern, geradezu revolution­ieren“, glauben die Volkswirte der Sparkassen.

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FOTO: BITCOIN/DPA Hinweissch­ild, dass mit der Digitalwäh­rung Bitcoin gezahlt werden kann: In der realen Welt kann man nicht allzu häufig mit Bitcoin bezahlen. Aber wenn es geht, sind Akzeptanzs­tellen oft so gekennzeic­hnet.

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