Profitable Äcker, defizitäre Schweineställe
Während Landwirte auf gute Ernten hoffen, spitzt sich die Lage der Tierhalter zu
(dpa) - Deutschlands Schweinehalter geben scharenweise auf, doch Ackerbauern können trotz rasant gestiegener Kosten zumindest auf ein gutes Jahr hoffen: CoronaPandemie und Ukraine-Krieg haben ein Einkommensgefälle der deutschen Landwirtschaft zur Folge. Die Ackerbauern werden nach Einschätzung von Ökonomen von steigenden Lebensmittelpreisen profitieren, obwohl Energie und Dünger sehr viel teurer geworden sind. Sehr viel schlechter stehen die Tierhalter da, insbesondere die Schweinehalter.
„Wir gehen davon aus, dass die Ackerbaubetriebe im Schnitt ein sehr gutes Jahr haben werden, weil die starken Produktpreissteigerungen zur Ernte 2022 höher sind als die ebenfalls deutlichen Kostensteigerungen“, sagt Frank Offermann am bundeseigenen Thünen-Institut in Braunschweig. Das gelte aber nur für den Durchschnitt der Betriebe. „Das hängt im Einzelfall auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt der Landwirt seine Betriebsmittel gekauft hat und ob er seine Ernte zu einem hohen Preis vorverkaufen konnte.“
Die Schätzungen in der Fachwelt sind allerdings nicht einheitlich. Der Deutsche Bauernverband gibt wegen der unsicheren Weltlage und der Schwankungen auf den Agrarmärkten keine Prognose ab. „Eine einheitliche Einschätzung bezüglich der landwirtschaftlichen Einkommen abzugeben, ist aus unserer Sicht unter der aktuellen Lage nicht möglich“, sagt Generalsekretär Bernhard Krüsken. Und auch manche Ökonomen bezweifeln, dass die Erzeugerpreise schneller steigen werden als die Kosten. Laut Bauernverband hat sich etwa der Preis für Stickstoffdünger innerhalb eines Jahres vervierfacht. „Die Margen sind nicht unbedingt negativ, aber sie sind geringer geworden“, sagt dazu Josef Schmidhuber, Ökonom bei der UN-Agrarorganisation FAO in Rom. „Damit fallen auch tendenziell die Anreize für die Bauern, die Produktion zu erhöhen.“
Spargel- und Erdbeersaison sind in diesem Jahr bereits unerwartet schlecht für die Bauern gelaufen – ungeachtet aller Appelle an die Bevölkerung, regionale Erzeugnisse zu kaufen. Doch viele Bürger sparen offensichtlich beim Lebensmitteleinkauf. Die Supermärkte verkauften in großem Stil günstige ausländische Ware, während die heimischen Bauern Spargel und Erdbeeren mangels Nachfrage teilweise gar nicht ernteten. „Wenn der Preis für die Ware dann nicht einmal die Erzeugerkosten deckt, lohnt sich die Ernte nicht“, sagt Bauernverbands-Generalsekretär Krüsken.
Verluste geschrieben haben in der Corona-Pandemie die Schweinehalter, die seit einem Rekordjahr 2019/ 20 außerordentlich schlechte Geschäfte machen. Dazu trugen sowohl die Pandemie als auch die Afrikanische Schweinepest bei, die den Export behindert. Auf internationalen Speisekarten sind Schnitzel und Würste – neben Apfelstrudel und Käsekuchen – die am weitesten verbreiteten deutschen Speisen. Im Inland sind die Schweinehalter in der Krise.
Seit Mai 2020 haben nach Zahlen des Statistischen Bundesamts 12,5 Prozent der deutschen Schweinehalter aufgegeben – die Zahl der Betriebe schrumpfte von 20 400 auf 17 900.