Aalener Nachrichten

Monströses Geheimnis

Susanne Abel ist mit ihrem Debütroman ein beachtlich­er Erfolg gelungen – Jetzt ist der Nachfolger erschienen

- Von Sibylle Peine Susanne Abel:

(dpa) - Vor einem Jahr landete die bis dahin noch nicht als Buchautori­n in Erscheinun­g getretene Filmemache­rin Susanne Abel einen großen Überraschu­ngserfolg. Ihr Roman „Stay away from Gretchen“über die Diskrimini­erung der „Brown Babies“– so wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die von deutschen Müttern geborenen Besatzungs­kinder mit afroamerik­anischen Vätern bezeichnet – und ihrer Mütter berührte viele Menschen.

In „Was ich nie gesagt habe“erzählt sie von Gretas Mann Konrad, einem Gynäkologe­n, der ein monströses Geheimnis mit ins Grab nahm. Auch in diesem zweiten Roman geht es im weiteren Sinne wieder um die Themen Herkunft, Wurzeln und Identität, im engeren Sinne um die Folgen und Auswirkung­en der Reprodukti­onsmedizin.

Gretas und Konrads Sohn Tom Monderath, ein erfolgreic­her Reporter und Fernsehmod­erator, entdeckt durch Zufall, dass er noch einen holländisc­hen Halbbruder Henk hat. Das schürt den Verdacht, dass sein so schweigsam­er und braver Vater Konrad, zu dem er ein schwierige­s Verhältnis hatte, ein geheimes Doppellebe­n führte. Zusammen mit dem neugierige­n Henk und seiner frischen Liebe Jenny geht Tom den verräteris­chen Spuren nach, die tief in die Familienge­schichte zurückführ­en und schließlic­h umstürzend­e Erkenntnis­se ans Tageslicht fördern.

Wie schon im ersten Roman erzählt Abel wieder abwechseln­d auf zwei Zeitebenen. Die erste zwischen 2016 und 2019 schildert Toms Suche nach der Wahrheit, die andere zwischen den 1930er-Jahren und 1997 enthüllt nach und nach Konrads Lebensgesc­hichte. Wie Greta ist auch Konrad ein Kriegskind. Während sie mit ihrer Familie vor den Russen aus Ostpreußen nach Heidelberg fliehen musste, erlebt er grausame Bombennäch­te in Köln. Bei einem dieser Angriffe wird seine Familie verschütte­t. Seine kleine Schwester Lizzy wird von den Nazis in einem Behinderte­nheim umgebracht.

Susanne Abel weiß einfach spannend zu schreiben und mit überrasche­nden Wendungen aufzuwarte­n, sodass die Leser am Ball bleiben. Auch wenn es immer wieder unnötige Längen gibt, vor allem in dem Teil mit Tom Monderath, dessen Liebesgesc­hichte arg ausgewalzt wird.

Allerdings wird gegen Ende zu das Dokumentar­ische immer dominanter. Muss denn wirklich jedes historisch bekannte Zitat aufgeführt werden, um die Handlung chronologi­sch einzuordne­n, etwa besonders krass beim Mauerfall („Berlin wird leben, und die Mauer wird fallen.“)? Das wirkt dann doch eher wie eine Verlegenhe­itslösung.

Was ich nie gesagt habe. Gretchens Schicksals­familie, dtv, München, 560 Seiten, 23,00 Euro.

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FOTO: DPA „Was ich nie gesagt habe. Gretchens Schicksals­familie“von Susanne Abel.

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