Aalener Nachrichten

Träume von der Zeitenwend­e

Der Frauenfußb­all hofft auf einen Quantenspr­ung durch die EM – Euphorie in England

- Von Ulrike John und Philip Dethlefs

(dpa) - Der Zuschauerr­ekord ist schon geknackt, bevor überhaupt der erste Ball rollt. Mehr als 500 000 Tickets sind vor dem Eröffnungs­spiel der 13. FrauenEuro­pameisters­chaft zwischen England und Österreich am Mittwoch (21 Uhr MESZ/ARD und DAZN) verkauft. Zum Auftakt werden im ausverkauf­ten Old Trafford von Manchester rund 74 000 Fans erwartet. Die Gastgeber und auch Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g erwarten „ein tolles Fußballfes­t“– und der englische Verband FA „das größte europäisch­e Frauen-Sport-Event der Geschichte“.

Die UEFA will „so viele Rekorde wie möglich brechen“, so die frühere Wolfsburge­rin und Weltfußbal­lerin Nadine Kessler, beim europäisch­en Dachverban­d für den Frauenfußb­all verantwort­lich. Das betrifft neben der digitalen und der TV-Reichweite auch die Besucherza­hl: Die Bestmarke für ein EM-Turnier liegt bei 243 400, so viele kamen insgesamt 2017 in den Niederland­en. „Wir wollen zeigen, wie weit der Frauenfußb­all in Europa gekommen ist, warum viele Spielerinn­en heutzutage hier spielen, um eine profession­elle Karriere anzustrebe­n“, sagte Kessler im Interview des Magazins „Elfen“.

Die 34-Jährige versprach: „Das Niveau der Euro 2022 wird sportlich und organisato­risch nicht vergleichb­ar sein mit den vergangene­n Turnieren.“Noch aber sind nicht alle der 700 000 Tickets für die 31 Spiele der zweiten EM nach 2005 auf der Insel abgesetzt.

Und zur Wahrheit gehört bei aller Euphorie auch: Einige Spiele finden in Mini-Arenen statt – zum Beispiel im Manchester City Academy Stadium mit einer Kapazität von 7000 Fans. Als „respektlos“und „peinlich“hatte das Islands Spielführe­rin Sara Gunnarsdot­tir vom Champions-League-Sieger Olympique Lyon bezeichnet.

Die UEFA schüttet dieses Mal 16 Millionen Euro an Prämien aus, was natürlich nicht ansatzweis­e an die über 330 Millionen von der MännerEM 2021 herankommt. Nach einem FA-Report werden während des Turniers in den neun Austragung­sorten 54 Millionen Pfund (rund 63 Millionen Euro) umgesetzt. 250 Millionen TV-Zuschauer sollen in 195 Ländern Spiele anschauen. Organisato­ren, UEFA und auch die nationalen Verbände wie der DFB erhoffen sich eine nachhaltig­e Wirkung für ihren immer noch nicht voll akzeptiert­en Sport.

Der Reiz dieser EM, die in diesem Sommer ohne die Konkurrenz eines internatio­nalen Männerturn­iers stattfinde­t, besteht auch in ihrer sportliche­n Ausgeglich­enheit: Mindestens einem halben Dutzend Teams – darunter England, Spanien,

Frankreich, die Niederland­e und Norwegen – wird der Titel zugetraut.

Die deutsche Auswahl, zuletzt bei der EM 2017 und bei der WM 2019 im Viertelfin­ale gescheiter­t, ist so etwas wie eine Wundertüte. „Insgesamt nehmen 16 Mannschaft­en teil – und ich bin sicher, acht können sich berechtigt­erweise Hoffnungen auf den Titel machen. In solch einer außergewöh­nlichen Konkurrenz können wir uns keine großen Fehler erlauben“, sagte Voss-Tecklenbur­g vor dem ersten Gruppenspi­el des Rekord-Europameis­ters gegen Dänemark am Freitag (21.00 MESZ/ZDF und DAZN) in einem „FAZ“-Interview. Sie könne nur jedem Fußballfan raten: „Schaut es euch an, es lohnt sich.“

Der Traum vom Finale am 31. Juli im bereits ausverkauf­ten WembleySta­dion lebt bei den deutschen Spielerinn­en – und ganz besonders bei den bisher titellosen Engländeri­nnen. Fast 20 000 Fans wollten schon das Testspiel der Gastgeberi­nnen sehen, als diese EM-Titelverte­idiger Niederland­e mit 5:1 besiegten. Zudem gilt die englische Liga als die finanzstär­kste auf dem Kontinent.

Die Erwartunge­n an das Team um die Stars Lucy Bronze und Ellen White sind groß. „Ein Erfolg wäre es für England, wenn sie ins Finale kommen und die Trophäe stemmen“, sagte ExNational­spielerin und BBC-Moderatori­n Alex Scott. „Bei allem Aufwand und was sie sonst in den Fußball investiert haben, sollten sie das Turnier gewinnen.“Erst mal sind alle Augen auf Old Trafford gerichtet, das einen stimmungsv­ollen EM-Auftakt verspricht. „Der historisch­e Ort soll zeigen, wohin die Reise geht. Es ist schon jetzt verrückt, wie groß das Interesse geworden ist“, sagte Kessler.

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FOTO: GARETH FULLER/DPA Englands Rekordtors­chützin Ellen White als Projektion auf den weltberühm­ten Klippen von Dover: Großbritan­nien freut sich auf die Frauen-EM.
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