Koalition streitet um Lindners Steuerpläne
Grüne plädieren für Energiepauschale – FDP hält an Forderung nach Abbau der kalten Progression fest
(dpa) - Die Kritik an den Steuerentlastungsplänen von Bundesfinanzminister Christian Lindner reißt auch innerhalb der Koalition nicht ab. Die Grünen plädieren zur Entlastung von Menschen mit wenig Einkommen für die erneute Zahlung einer Energiepauschale anstelle der vom FDP-Chef vorgelegten Reform zum Abbau der sogenannten kalten Progression bei der Besteuerung. „Das wäre aus unserer Sicht ein deutlich besseres Modell“, sagte GrünenFraktionschefin Katharina Dröge.
Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ging auf Konfrontationskurs zu Lindner. Er sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Die kalte Progression ist für viele Menschen ein Ärgernis, klar. Aber die Frage ist, welches Problem müssen wir in diesem Herbst prioritär lösen? Reiche Haushalte und Menschen mit geringeren Einkommen zahlen die gleichen hohen Energiepreise. Nur: Reiche können das verkraften. Wer wenig verdient, nicht.“
FDP-Chef Lindner hatte seine Pläne am Mittwoch vorgestellt. 48 Millionen Bürger sollen ab 2023 profitieren, es geht um mehr als zehn Milliarden Euro Entlastung. Prozentual
werden Geringverdiener demnach deutlich stärker entlastet als Gutverdiener – in absoluten Zahlen sieht das aber anders aus. Die kalte Progression ist eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn Gehaltserhöhungen durch die Inflation aufgefressen werden, aber zu einer höheren Besteuerung führen.
Die FDP konterte Dröges Einwurf scharf. Deutschland habe bereits den „unrühmlichen Titel“als Steuer- und Umverteilungsweltmeister, sagte Vizefraktionschef Christoph Meyer. Die obersten 25 Prozent der Steuerzahler stemmten fast 80 Prozent der Steuerlast, „was klar die Notwendigkeit struktureller Entlastungen statt verpuffender Einmalzahlungen anzeigt“, sagte er. Mit der Ablehnung der kalten Progression „verlieren die Grünen die arbeitende Mitte völlig aus dem Blick und geben sich einem populistischen Sozialneid hin“.
Aber auch der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum befand, es sei „derzeit einfach nicht die Zeit“, alle Einkommensbereiche zu entlasten. „Angesichts der steigenden Inflation bräuchten wir eine Umverteilung von oben nach unten, nicht umgekehrt“, sagte er dem „Spiegel“.