Stadt, Land, Fluss
Folge 3: Ein Tag in Ulm führt nicht nur zum höchsten Kirchturm der Welt
Natürlich lohnt der klassische Ulm-Besuch nach wie vor – mit Münster, Stadthaus & Co. Doch die Stadt an der Donau hat viele Facetten. Höchste Zeit also für einen Rundgang abseits der populären Routen.
Für die meisten beginnt ihr UlmBesuch am Hauptbahnhof. Doch auch Autofahrer kommen ans Ziel. Seit Kurzem können sie ihr Fahrzeug in zwei neuen Tiefgaragen abstellen: Die erste liegt unterm Vorplatz des Bahnhofs, in Steinwurfweite die zweite. Diese befindet sich unter einem vollkommen neuen Stadtquartier, den Sedelhöfen. Sie sind Shopping-Hotspot, Wohn- und Arbeitsort – und verbunden über eine unterirdische Passage mit dem Bahnhof. Tipp: Wer Ulm aus einer neuen Perspektive
von oben sehen möchte, und wem die 768 Stufen hinauf aufs Münster zu viel sind, der besucht lieber die Dachterrasse mitsamt Bar des Me and all-Hotels bei den Sedelhöfen. Auch Passanten haben Zugang. Von dort bietet sich ein traumhafter Blick.
Was sich im Anschluss anbietet: ein Spaziergang im Schlendermodus durch die Innenstadt. Wer vorher aber noch etwas Leckeres essen möchte, der macht mit dem Burgerbrater „Five Guys“nichts verkehrt. Asiatisch vom Feinsten (und vor allem preiswert) isst es sich bei „Myha“gleich um die Ecke.
Die Innenstadt ist gespickt mit vielen Geschäften, Ateliers und Boutiquen. Hier finden sich auch alteingesessene Adressen wie das Café Tröglen am Münsterplatz oder das Haushaltswarengeschäft Abt in der Hirschstraße, der größten Ulmer Einkaufsstraße. Von ihrer schönsten Seite zeigt sich die Altstadt aber hinter und nördlich dem Münster, rund um den Judenhof etwa. Die Café- und Restaurantdichte ist hier besonders hoch. Sehr zu empfehlen: der Innenhof des „Kokoschinski“und das „Café Brettle“. Das beste Ulmer Eis gibt es im nahe gelegenen „Eisrausch“.
Wer dem städtischen Trubel entkommen möchte, der wird nur wenige Gehminuten entfernt fündig. Der schönste Ulmer Park war früher mal ein Friedhof, und so heißt die Oase inmitten der Oststadt noch immer: Alter Friedhof. Besucher können ihre Decke im Gras zwischen den Überbleibseln kunstvoll gestalteter Grabstätten ausbreiten. Ebenfalls lohnenswert für alle Entspannungssuchende ist der 28 Hektar große Botanische Garten der Universität auf dem Oberen Eselsberg. Weil zu Fuß zu weit, sollte der Abstecher dorthin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unternommen werden.
Wer mit Kindern unterwegs ist, dem sei auch ein Besuch des größten Ulmer Parks empfohlen. Die weitläufige Friedrichsau ist gut erreichbar mit der Straßenbahn (Linie 1). Und sie bietet gleichsam Erholung wie Action. Letztere gibt’s beim Minigolf, auf dem schönsten Spielplatz der Stadt oder im Tiergarten. Der Ulmer Zoo punktet mit seiner Unterwasserwelt, Publikumslieblinge sind die Erdmännchen.
Wer endlich Donauluft schnuppern möchte, der nimmt für den Rückweg in die Innenstadt den Radund Fußgängerweg entlang der Donau. Auf keinen Fall entgehen lassen sollte man sich die Besteigung eines recht neuen Highlights. Der Berblinger Turm thront am Weg auf einer Anhöhe am Ufer. Der möglicherweise schiefste Turm Deutschlands geht nicht etwa zurück auf Pfusch am Bau, sondern hängt ganz bewusst in Schräglage. Er soll an Albrecht Ludwig Berblinger erinnern, auch bekannt als „Schneider von Ulm“. Eigentlich ein genialer Erfinder, machte er sich durch seinen Absturz mit einem selbst gebauten Flugapparat in die Donau im Jahr 1811 zum Gespött der Stadt.
Nicht ganz so hoch hinaus geht es einige Meter weiter. Doch die historische Stadtmauer, die die Altstadt und das malerische Fischerviertel vor Hochwasser schützen soll, ist allemal ein Besuch wert. Auf der mächtigen Mauer lässt es sich ausgezeichnet flanieren. Außerdem beherbergt sie unseren nächsten Geheimtipp: einen der Orte, an denen sich die junge Ulmer (Kunst-)Szene gerne trifft. Die „Stiege“ist ein im Winter geschlossener Treppenabgang, der sich im Sommer in eine quirlighippe Bar verwandelt. Der Eingang liegt an der Herdbrücke.
Apropos Kunst: Um die bedeutendsten Werke, die in der Stadt ausgestellt werden, anzuschauen, reicht ein Tag nicht aus. Mehr als ein Dutzend Museen lassen Besuchern die Qual der Wahl. Erste Adressen sind die Kunsthalle Weishaupt und das Museum Ulm, die durch eine Fußgänger-Brücke miteinander verbunden sind. Allein jedoch die Architektur der Kunsthalle, letztlich die der gesamten „Neuen Mitte“, wie das Quartier heißt, kann sich sehen lassen – das urbane Herz Ulms. Kunst und Kultur in geballter Form gibt’s in der gesamten Stadt bald wieder, bei der Kulturnacht am 17. September.
Magisch sind seit Neuestem die Ulmer Nächte, genau genommen die Neu-Ulmer Nächte. Doch es ist ein Ulmer, der in der Schwesterstadt seine Gäste verzaubert. Florian Zimmer, preisgekrönter Magier, eröffnete dort im Frühjahr sein Magie-Theater und feiert seither abends eine ausverkaufte Vorstellung nach der anderen. Seine Illusionen beeindruckten schon Siegfried & Roy.
Genauso gut kann ein Ulm-Tag jedoch an einem Ort enden, den nur wenige – selbst Ulmer nicht unbedingt – auf dem Zettel haben: auf der Wilhelmsburg. Was daran liegt, dass sich die Burg ziemlich gut auf der Kuppe des Michelsbergs versteckt (an der Prittwitzstraße). Dabei ist sie Teil der größten Festungsanlage Europas. Und noch bis Ende August Anziehungspunkt für Kulturinteressierte jeglicher Couleur. Unter dem Motto „Stürmt die Burg“verwandelt sich der Gigant aus Stein donnerstags bis sonntags in ein buntes Habitat aus Musik, Literatur und Theater. Allerdings ist die Burg schlecht angebunden an den öffentlichen Nahverkehr. Deshalb: Umsteigen auf einen der unzähligen Leih-E-Roller, die mittlerweile an fast jeder Ecke zu finden sind.