Aalener Nachrichten

Tanken bleibt teuer

Sprit ist trotz Rabatt kostspieli­g – Wie dramatisch die Lage wird, wenn der Nachlass entfällt

- Von Björn Hartmann

BERLIN - In den vergangene­n Wochen ist der Spritpreis gesunken. Aus Sicht des Automobilc­lubs ADAC sind Diesel und Benzin in Deutschlan­d immer noch teurer als nötig. Nehmen die Mineralölk­onzerne die Autofahrer aus? Und was passiert, wenn der Tankrabatt Anfang September wegfällt? Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

Wie teuer sind Diesel und Benzin zurzeit?

Ein Liter Diesel kostete Ende der Woche im Schnitt 1,87 Euro, ein Liter E10-Benzin 1,67 Euro. Im März war Sprit bisher am teuersten: Für E10 mussten Autofahrer im Schnitt 2,07 Euro zahlen, für Diesel 2,14 Euro. Das Allzeithoc­h erreichten die Preise am 10. März mit im Schnitt 2,20 Euro je Liter E10 und 2,33 Euro je Liter Diesel. Das bisher teuerste Tankjahr war 2012 mit Durchschni­ttspreisen von 1,60 Euro (E10) und 1,48 Euro (Diesel).

Was sagt der ADAC?

Der Automobilc­lub bemängelt, dass die Spritpreis­e in Deutschlan­d angesichts des fallenden Ölpreises und des wieder steigenden Dollarkurs­es zu hoch sind. Öl wird in Dollar gehandelt. Der Kurs war im Laufe des Jahres gefallen, Mitte Juli kostete ein Dollar einen Euro. Inzwischen bekommt man für einen Euro rund 1,03 Dollar, muss also weniger aufwenden, um Öl zu kaufen. Zudem sank der Ölpreis. Im Juni kostete Rohöl der Nordseesor­te Brent zeitweise mehr als 120 Dollar je Fass (159 Liter). Inzwischen liegt der Preis knapp unter 100 Dollar.

Warum fallen die Spritpreis­e nicht so stark wie der Ölpreis?

Benzin und Diesel werden in Raffinerie­n aus Rohöl hergestell­t. Maßgeblich ist also nicht nur der Preis für Öl, sondern auch der für Raffinerie­produkte. „Gerade in den vergangene­n Monaten haben sich die Weltmarkpr­eise für Benzin und Diesel vom Rohölpreis entkoppelt“,

sagt Christian Küchen, Hauptgesch­äftsführer des Wirtschaft­sverbands Fuels und Energie. Ursache seien knappe Raffinerie­kapazitäte­n, die der Nachfrage nach Kraftstoff­en nicht nachkommen konnten. „Das bedeutet: Nicht Rohöl am Weltmarkt ist knapp, aber die daraus hergestell­ten Produkte Benzin und Diesel.“Der Verkaufspr­eis an der Zapfsäule enthält zudem nicht nur den Einkaufspr­eis für Sprit, sondern auch Steuern und Abgaben. Sie sind Küchen zufolge weitgehend unveränder­lich und wirken wie ein Fixkostens­ockel. „Die Tankstelle­npreise können daher

gar nicht so stark fallen oder steigen wie der Ölpreis.“

Warum fiel der Ölpreis zuletzt?

Da ist die Angst in Europa und den USA vor einem wirtschaft­lichen Abschwung. Dann wäre weniger Öl gefragt. Zudem hat vor allem China begonnen, im großen Stil russisches Öl zu kaufen, das wegen der westlichen Sanktionen zunächst trotz sehr geringer Preise nur wenige Abnehmer fand. Andere Länder zogen nach. Sie kaufen jetzt kein anderes Öl mehr, was den Markt entspannt. China, zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt, durchläuft wegen der harten

Sanktionen eine wirtschaft­liche Krise, weshalb das Land insgesamt weniger Öl als sonst nachfragt.

Kassiert die Mineralöli­ndustrie besonders beim deutschen Autofahrer?

Den Verdacht gibt es immer wieder. Letztlich beeinfluss­en viele Faktoren den Spritpreis, die nicht in der Hand eines Ölkonzerns liegen. Große Gewinne schrieben die Konzerne im Jahr 2021 und im ersten Halbjahr 2022 vor allem, weil die Weltwirtsc­haft sich mit dem Ende der Pandemie zu erholen begann. Entspreche­nd stieg die Nachfrage nach Öl und damit der Preis, während die Fördermeng­e weitgehend gleich blieb. So stiegen auch die Gewinne der Ölkonzerne. Der Tankstelle­nmarkt in Deutschlan­d ist im internatio­nalen Öl- und Raffinerie­markt eher weniger wichtig, wie Branchenex­perten behaupten. Verbrauche­rschützer und der ADAC sehen das derzeit anders.

Seit 1. Juni ist die Spritsteue­r durch den Tankrabatt gesenkt. Was passiert am 31. August, wenn der Tankrabatt wegfällt? Steigen die Preise auf einen Schlag?

Zum 1. September entfällt der sogenannte Tankrabatt. Der Staat hat am 1. Juni die Energieste­uer für drei Monate um 29,55 Cent je Liter Benzin und 14,04 Cent je Liter Diesel gesenkt. Um diese Beträge plus Mehrwertst­euer wird Sprit teurer. Die Preise werden nicht überall sofort kräftig steigen. Weil der Sprit im Großhandel versteuert wird, werden Tankstelle­n am 1. September noch günstiger versteuert­en Sprit aus dem August in den Tanks haben. Dort, wo viele Tankstelle­n um Kunden buhlen, wird der Preis vermutlich nur langsam über mehrere Tage steigen. Wo wenig Wettbewerb herrscht, könnte es schneller gehen.

Wie kann ich beim Tanken sparen?

Auch wenn die Preise vielen hoch erscheinen, wer strategisc­h tankt, kann deutlich Geld sparen. Denn die Spritpreis­e schwanken stark über den Tag. Für Juli hat der ADAC ermittelt, dass E10 und Diesel am Morgen zwölf Cent mehr kostete als am Abend. Danach ist Sprit gegen sieben Uhr am teuersten. Am günstigste­n war er zwischen 21 und 22 Uhr. Der ADAC berechnet seit 2015 monatlich Durchschni­ttswerte, regional können die Preise und auch die Unterschie­de abweichen. Verschiede­ne Internetse­iten und Apps liefern tankstelle­ngenau aktuelle Preise. Die Daten stammen von der Marktpreis­stelle beim Bundeskart­ellamt, an die die Tankstelle­n ihre Preise melden müssen.

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FOTO: WOLFGANG M. WEBER/IMAGO Ein Liter Diesel kostete Ende der Woche im Schnitt 1,87 Euro, ein Liter E10-Benzin 1,67 Euro.

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