Niedrigwasser bringt Schifffahrt immer mehr in die Bredouille
Pegel stellenweise nur knapp über 40 Zentimeter – In der Folge könnte das für noch mehr Verspätungen bei Zügen sorgen
KAUB (dpa) - Das weiter sinkende Niedrigwasser der Flüsse im trockenen Hochsommer bringt die Binnenschifffahrt ins Schlingern. Das kann in Zeiten von ohnehin gestörten Lieferketten weitreichende Folgen für die Wirtschaft haben. Die Sorge geht um, dass sich für einen Teil der Frachtschiffe die Fahrt auf dem Mittelrhein in ein oder zwei Wochen gar nicht mehr lohnt. Schließlich können sie wegen der Gefahr der Grundberührung immer weniger laden, wie der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) mitteilt. Entscheidend ist der Pegelstand Kaub nahe dem Loreley-Felsen im Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal als niedriges Nadelöhr der gesamten Rheinschifffahrt.
„Die Schiffe sind derzeit auf dem gesamten Rhein mit weniger als der Hälfte der üblichen Ladungsmengen unterwegs, am Mittelrhein teilweise auch nur noch mit circa einem Drittel, teilt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes mit. Der Leitpegel Kaub zeigt am Freitagmorgen nur noch 42 Zentimeter an. Willkürlich angebrachte
Flusspegel sind nur eine relative und keine absolute Wassertiefe. Die Fahrrinnentiefe bei Kaub gibt die WSV am Freitagmorgen mit 1,54 Zentimetern an. Wobei Frachter laut dem BDB 20 Zentimeter Sicherheitsabstand zwischen Kiel und Flusssohle brauchen. Für die kommenden Tage erwartet die WSV einen weiteren Fall des Wasserstands bei Kaub um zehn bis 15 Zentimeter und dann wohl wieder einen leichten, aber „nicht signifikanten“Anstieg.
Das rekordverdächtige Niedrigwasser könnte aus Sicht des badenwürttembergischen FDP-Verkehrsexperten Christian Jung auch den Bahnverkehr belasten. Bei dem niedrigen Pegelstand sei an einigen Stellen keine Schifffahrt mehr möglich. „Die Kraftwerke am Rhein und die Ölraffinerie MiRO in Karlsruhe sitzen buchstäblich auf dem Trockenen“, sagte Jung am Freitag. Wo es möglich sei, müsse mit der Bahn angeliefert werden. „Dies führt wegen der völlig unterdimensionierten Schieneninfrastruktur zu deutlichen Verspätungen oder gar Zugausfällen im Fern- und Nahverkehr“, warnte der Oppositionspolitiker. Auch der Lastwagenverkehr könne zunehmen.
Die MiRO (Mineraloelraffinerie Oberrhein) in Karlsruhe, nach eigenen Angaben Deutschlands größte Raffinerie, sieht allerdings derzeit keine Probleme. Die 14 Millionen Tonnen Rohöl jährlich kämen fast gänzlich über eine Pipeline aus Italien nach Karlsruhe – derzeit völlig ungestört, sagte eine Sprecherin. Für die Gesellschafter – Phillips 66, Esso, Rosneft und Shell – sei der Abtransport der verarbeiteten Produkte allerdings schwieriger.