Kunstreise durch Württemberg
Schwäbische Landschaften und mehr im Museum auf dem Hohenkarpfen
HAUSEN OB VERENA - Das Bild heißt „Cannstatter Wasen“. Was sieht man? Neonlichter, Göckele, Achterund Geisterbahn? Nein: einen Bachlauf samt Brücke, Bäume, in dunkelerdigen Farben. Gemalt hat es Hermann Drück im Jahr 1900, ein Vertreter des Schwäbischen Impressionismus. Und offenkundig kein Kirmesgänger. Es ist Teil der neuen Ausstellung in der Kunststiftung Hohenkarpfen, die Bilder und Objekte aus zwei Sammlungen vereint: Zum einen Werke aus dem eigenen Bestand, vor allem Neuerwerbungen sowie aus Schenkungen und Leihgaben der vergangenen Jahre – zum anderen aus der Sammlung Christoph Seeger, geboren 1962 in Rosenfeld (Zollern-albkreis).
Er lebt bei Ludwigsburg, wo sich auch der Korpus seiner Sammlung befindet – eine Sammlung, die bisher kaum in der Öffentlichkeit zu sehen war. Und die zum Hohenkarpfen passt, als wäre sie dafür konzipiert.
Der gelernte Historiker und Kunsthistoriker ist zuständig für Konzernkunst der Firmengruppe Wüstenrot & Württembergische AG, Gesamtbetriebsratsvorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrats. Seine Sammlerpassion erstreckt sich auf zwei Bereiche: altes Porzellan und Bilder der süddeutschen, zumal schwäbischen Landschaftsmalerei im 19. und 20. Jahrhundert, dazu ein paar Ausflüge in die Moderne.
Dass seine Sammlung jetzt in Hausen ob Verena zu sehen ist, hat eine kuriose Vorgeschichte: Auf dem Hohenkarpfen war er seit Jahren regelmäßiger privater Gast, an der Kasse kam er mit Kurator Mark E. Hesslinger ins Gespräch.
Man entdeckte Gemeinsamkeiten – und am Ende standen zwei Dinge: Im vergangenen Jahr eine umfangreiche Dauerleihgabe mit Bildern aus Konzernbesitz und jetzt eben die Ausstellung.
Aus seiner etwa 300 Werke umfassenden Sammlung etwa 50 Bilder und ein paar Porzellanobjekte, dazu 20 thematisch passende und kontextualisierende Beispiele aus dem Bestand der Kunststiftung.
Seeger und Hesslinger haben Bilder bekannter, aber auch vergessener Malerinnen und Maler zusammengestellt – darunter ein Frühwerk von Oskar Schlemmer (das mit dem
Expressionisten des Triadischen Balletts noch nichts zu tun hat), Christian Landenberger, Albert Kappis, Maria Casper-Filser oder Jakob Bräckle, dazu zwei Bilder von Ida Kerkovius.
Es handelt sich um Landschaftsdarstellungen, Ansichten aus dem Schwäbischen zwischen Bodensee und Rottenburg, Wildbad im Enztal bis Murrhardt, eine Reise durchs württembergische Land. Alle bewusst dicht an dicht, denn Seeger mag die eigentlich veraltete Petersburger Hängung – sie passt zu den Bildern jener Epoche.
In den Vorbereitungen der Werkschau ist Kurator Mark E. Hesslinger ein kleiner Coup gelungen. Von einer „Bergstudie“von Hans Sturzenegger (1875 bis 1943) war bislang nicht bekannt, wo der Maler sein Motiv gefunden hat.
Hesslinger setzte sich an den Laptop, suchte mögliche Motive, die infrage kommen konnten, googelte, forschte, glich Landschaften ab – und wurde schließlich fündig: Die Studie zeigt eine Szene bei Splügen im schweizerischen Graubünden.
Die Ausstellung „Kunst und Natur“ist bis zum 6. November in der Kunststiftung Hohenkarpfen (Hausen ob Verena, Landkreis Tuttlingen) zu sehen. Öffnungszeiten: mittwochs bis sonntags und an Feiertagen, 13.30 bis 18 Uhr. Infos: www.kunststiftung-hohenkarpfen.de Aus technischen Gründen erscheint ein Katalog verspätet im September.