Ein Herz für die „BimBamPfeife“
Andrea Lingel präsentiert Varianten des Aalener Spionkopfes an der Fassade des ehemaligen Spielzeug Wanner
- Der Aalener Spion, der im Turm des Alten Rathauses über die Stadt wacht, hat Andrea Lingel schon als kleines Kind in seinen Bann gezogen. Damals gab sie dem Wahrzeichen der Stadt den Namen „BimBamPfeife“. Begeistert von der Art, wie der Kopf mit Bart, Pfeife im Mund und dunklem Haupthaar sich einst bei jedem Glockenschlag nach links und rechts drehte, startete die Künstlerin und Inhaberin des Ateliers „MalSein“ein Projekt, im Rahmen dessen in mehreren Monaten zehn Spionköpfe individuell gestaltet wurden. Das Ergebnis ist an den Reichsstädter Tagen an der Fassade des ehemaligen Spielzeug Wanner zu sehen.
In Aalen aufgewachsen ist Andrea Lingel nicht. Vielmehr verbrachte sie ihre Kindheit mit ihren Eltern und ihrer drei Jahre älteren Schwester in Oberkochen. Immer wieder war sie allerdings auf Besuch in der Kreisstadt, wo ihre Großmutter lebte. „Viele Dinge machten den Besuch bei ihr in der Roßstraße zu einem Erlebnis“, sagt die heute 51-Jährige. Ein Highlight sei etwa der Besuch des ehemaligen Spielzeug Wanner gewesen, verbunden mit einem Zwischenstopp beim Kochlöffel, in dem der Verzehr von Hähnchen und Pommes den Sonntagsbraten der Großmutter ersetzte.
„Und bei jedem Besuch in Aalen war da die ,BimBamPfeife’.“Diesen Namen gab Andrea Lingel dem Aalener Spion, der sie von klein auf fasziniert und nicht mehr losgelassen habe. Er war auch der Auslöser dafür, künstlerisch tätig zu werden und seinen Kopf zu gestalten, der fortan die Grundlage von vielen „BimBamPfeifen“geworden ist.
„Vor etwa acht Jahren habe ich die erste Skulptur erstellt“, sagt Andrea Lingel, die seit 2010 das Atelier „MalSein“in der Ziegelstraße betreibt und hier Kurse für Groß und Klein gibt. Daraufhin seien viele kleinere Skulpturen entstanden, die als Schaufensterdekoration echte Hingucker gewesen seien. Auch als Flaschenverschlüsse aus dem 3D-Drucker gab es den Aalener Spion schon, der auch in Form von Schlüsselanhängern oder als Magnet gestaltet wurde.
Aus Klein sollte allerdings irgendwann einmal Groß werden, sagt Andrea Lingel. Vor diesem Hintergrund sei die Idee für ein Stadtprojekt entstanden. Die erste große „BimBam Pfeife“war schließlich bei der Sommeraktion des Innenstadtvereins Aalen City aktiv „Verliebt in Aalen“2020 zu sehen. Doch ein ausgestellter Kopf sei ihr nicht genug gewesen. Deshalb stellte die Künstlerin, die bereits in der Kreativwerkstatt in Oberkochen große Blumentöpfe und Christbaumkugeln für die dortige Innenstadt gestaltet hat und auch für das Bemalen von 15 Porzellanschafen für die Remstal-Gartenschau in Essingen verantwortlich zeichnete, weitere zehn Spionköpfe in Rohform her.
Um diese zu bemalen und dem Aalener Spion zu einem kreativen Gesicht zu verhelfen, ist es der gelernten Feinmechanikerin und Bauzeichnerin, die sich überdies am Institut für
Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie in Bochum Fähigkeiten im Airbrushdesign aneignete und sich am Campus Naturalis in Kunsttherapie weitergebildet hat, gelungen, elf Frauen zu gewinnen, die allesamt Hobbykünstlerinnen sind.
Immer am Donnerstagabend trafen sich Edeltraut Hein, Bettina Bauer, Bettina Tangorra, Brunhilde Witzmann, Carolin Lingel, Lara Seidel, Katrin Kälber, Petra Arnold, Michaela Köppel, Sabine Wentz und Elfriede Mittelbach im dritten Stock des Gebäudes in der Ziegelstraße und gestalteten auf ihre Weise einen Spionkopf, der mal als Hippie, mal als Hemingway oder als Medusa aus der griechischen Mythologie daherkommt.
Mittlerweile sind alle Köpfe fertig. Von Anfang an habe festgestanden, dass Andrea Lingel sie der Öffentlichkeit präsentierten möchte. Bislang habe allerdings ein geeigneter Platz gefehlt. Diese in die ACA-Sommeraktion einzubetten, sei dem Citymanager Reinhard Skusa zu „haarig“
„Mein Herz wird immer für die ,BimBamPfeife’ schlagen. Sowohl künstlerisch als auch in süßer Variante“, sagt Andrea Lingel.
gewesen. Angesichts von immer wieder auftretendem Vandalismus seien diese Kunstwerke, in denen viel Liebe und Arbeit stecke, zu kostbar, als dass sie kaputtgehen dürfen. Auch die Überlegung, sie am Kubus anzubringen, habe sich zerschlagen. Es sei einfach zu unsicher und zu gefährlich gewesen, dass sie bei Sturm und Regen hinunterfallen.
Dass Andrea Lingel nun einen Platz gefunden hat, an dem sie das Aalener Wahrzeichen in zahlreichen Varianten präsentieren kann, freut Skusa. Und auch die Kunstpädagogin und zweifache Mutter ist happy, dass die Spionköpfe während der Reichsstädter Tage die Fassade des ehemaligen Spielzeug Wanner zieren werden, der wie auch die „BimBamPfeife“
ihre Kindheit geprägt hat. Die Köpfe hätten hier in Form eines Tests auch die Belastungsprobe bestanden. Insofern stehe einer Präsentation nichts mehr im Weg, sagt Andrea Lingel. Sie freut sich darüber, dass die Eigentümer des Gebäudes, Simone und Maximilian Grimminger, ihr die Möglichkeit eingeräumt haben, die Spionköpfe hier anzubringen. Und sie sei dankbar, dass sie in all ihrem kreativen Schaffen von ihrer Familie unterstützt werde.
Auch nach dem Projekt wird Andrea Lingels Herz weiter für die „BimBamPfeife“schlagen. Und nach getaner Arbeit wird sie weiterhin dessen süße Variante genießen, die die Konditorei Amman seit 1927 herstellt und die sie über alles liebe.