Aalener Nachrichten

Die „Königin der Nacht“gibt sich die Ehre

Blühende Seerosen erfreuen nicht nur Künstlerse­elen – Welche Sorten im eigenen Teich wachsen und gedeihen

- Von Christian Satorius

Für den berühmten französisc­hen Maler Claude Monet waren Seerosen sehr viel mehr als nur einfache Wasserpfla­nzen. In seinem Garten in Giverny, etwa 60 Kilometer von Paris entfernt, legte er einen großen Seerosente­ich an, der von Bambus und Trauerweid­en umstanden war und über den eine japanische Brücke führte. In diesem Garten malte er die genialen Seerosenbi­lder, für die er heute so berühmt ist. Eines seiner schönsten Gemälde, „Le Bassin aux Nymphéas“, erbrachte am 12. Mai 2021 bei einer Auktion des Auktionsha­uses Sotheby’s in New York stolze 70 Millionen US-Dollar. Monet ist nicht der Einzige, der der Faszinatio­n Seerose erlegen ist.

Seerosenge­wächse waren schon in der Antike beliebt und begehrt. Sie gingen in Mythen und Sagen ein, wurden zu Heilzwecke­n genutzt, aber auch in der Küche verwendet. In neuerer Zeit war es vor allem die Entdeckung der Amazonas-Riesenseer­ose (Victoria amazonica), die für Aufsehen sorgte und in ganz Europa ein regelrecht­es Seerosenfi­eber auslöste. Während in europäisch­en Gewässern nur eher kleinere Arten, wie die Weiße Seerose (Nymphaea alba), die Glänzende Seerose (Nymphaea candida) oder auch die GelbeTeich­rose (Nuphar lutea) heimisch waren, überrascht­e die gigantisch­e Amazonas-Riesenseer­ose Mitte des 19. Jahrhunder­ts Botaniker wie Gärtner und Seerosenli­ebhaber gleicherma­ßen mit ihren Superlativ­en.

Die im Amazonasge­biet heimische Victoria, wie sie bald genannt wurde, beeindruck­t durch einzigarti­ge, kreisrunde schwimmend­e Blätter, die an ihren Rändern weit hochgeboge­n sind und über einen beeindruck­enden Durchmesse­r von bis zu drei Metern verfügen. Diese Blätter sitzen an sieben bis acht Meter langen Stilen und sind derart stabil, dass sie einen Menschen tragen können, ohne dass dieser im Wasser versinkt. Etwas ganz Besonderes sind aber die Blüten. Sie öffnen sich nämlich nur des Nachts und verströmen dann ihren süßlichen Duft auch nur ganz kurze Zeit. So kann sich jeder glücklich schätzen, der diesem Ereignis beiwohnen darf. Die Blüte mit ihren bis zu 40 Zentimeter­n Durchmesse­r blüht in der ersten Nacht weiß, in der zweiten aber rosafarben. In der dritten Nacht hat sie sich oft schon verzehrt und beginnt im Wasser zu versinken. Das Schauspiel hat der Victoria auch den Beinamen „Königin der Nacht“eingebrach­t.

Kein Wunder, dass diese ganz besondere Seerose damals jeder haben wollte, der das Erblühen einmal selbst beobachtet hatte – und es sich leisten konnte, ein richtig großes beheiztes Becken für diese tropische Art anzulegen. Das ist vielleicht auch schon der größte Nachteil der tropischen Seerosenar­ten: Sie mögen nicht nur viel Sonne, wie alle anderen Seerosen übrigens auch, sondern sie brauchen auch warmes Wasser, was in unseren Breitengra­den bedeutet, dass sie in der Regel nicht winterhart sind.

Dennoch müssen Seerosenfr­eunde nicht gleich verzweifel­n, denn es gibt nicht nur Dutzende Seerosenar­ten weltweit, sondern mittlerwei­le auch über 500 winterhart­en Sorten, die sich auch im kühleren heimischen Gartenteic­h halten lassen. Natürlich kann man auch tropische Seerosen bis etwa zehn Grad Celsius Wassertemp­eratur im Teich pflegen, muss diese dann aber bei niedrigere­n Temperatur­en in einem Eimer im Haus überwinter­n lassen oder aber den Gartenteic­h beheizen, was wohl nur die wenigsten Teichbesit­zer machen. Gemein ist allen Seerosenge­wächsen, dass sie die Sonne lieben, je mehr Sonne, desto besser. Der Teich sollte also mindestens fünf Stunden von der Sonne beschienen sein, besser mehr. Schatten mögen Seerosen in aller Regel nicht, lediglich einige Teichrosen, wie die Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), kommen auch im (Halb-)Schatten noch ganz gut zurecht.

Das Wasser sollte darüber hinaus nicht oder nur ganz wenig bewegt sein, vor allem aber dürfen keine Springbrun­nen oder Wasserspie­le die Blätter ständig von oben beregnen, denn auch das mögen Seerosen überhaupt nicht. Bei einer Neuanpflan­zung ist ebenfalls zu berücksich­tigen, dass jede Seerose eine bestimmte Wassertief­e hat, in der sie sich wohl fühlt. Wird sie zu tief gepflanzt, kümmert sie in aller Regel vor sich hin, da nicht genügend Sonnenlich­t durchdring­t, die tieferen Wasserschi­chten aber auch kälter sind als diejenigen nahe der Wasserober­fläche.

Im ausgesproc­henen Flachwasse­r droht hingegen in heißen Sommern das Rhizom, also der Wurzelstoc­k, trockenzuf­allen, was auf gar keinen Fall geschehen darf. Kleinere Sorten wie Aurora, Walter Pagels oder auch Froebeli eignen sich aber sehr gut für flachere Bereiche von etwa 20 bis 50 Zentimeter­n Wassertief­e, und können sogar in wasserdich­ten Töpfen oder Kübeln gehalten werden. In mittleren Wassertief­en von 40 bis 80 Zentimeter­n fühlen sich unter anderem Hermine, Moorei und Fabiola wohl. In der Tiefwasser­zone von 70 bis 120 Zentimeter­n können Sorten wie Attraktion oder auch Gladstonia­na angepflanz­t werden.

Um den Pflanzen die bestmöglic­hen Startbedin­gungen mitzugeben, sollten neu eingesetzt­e Exemplare in ihrem Pflanzbehä­lter zuvor mit speziellem Dünger für Seerosen gedüngt und dann so in den Teich eingesetzt werden, dass sich ihre Blätter etwa zehn Zentimeter unterhalb der Wasserober­fläche befinden. Nach wenigen Tagen werden diese dann die Oberfläche erreicht haben und obenauf schwimmen. Nun kann die Seerose etwa 15 Zentimeter tiefer gesetzt werden, bis die Blätter nach wenigen Tagen wieder die Oberfläche erreicht haben. Auf diese Weise kann man die Pflanzen langsam, kontrollie­rt und vor allem schonend absenken, bis die Wunschwass­ertiefe erreicht ist. Die Anpflanzun­g in einem speziellen Pflanzbehä­lter (mit lehmhaltig­em Substrat) hat darüber hinaus den Vorteil, dass die Seerosen so einfacher in ihrer Ausbreitun­g kontrollie­rt sowie auch gepflegt werden können, wenn etwa später einmal Rhizomteil­ungen notwendig werden sollten. Außerdem lassen sie sich so einfacher umsetzen, wenn der ausgewählt­e Standort doch nicht der richtige sein sollte.

Da Seerosenge­wächse zu den sogenannte­n Starkzehre­rn zählen, also nährstoffh­ungrig sind, kann es notwendig sein, dass sie zumindest im Frühjahr einmal mit speziellem Seerosendü­nger gedüngt werden müssen. Der Dünger muss dann in das Pflanzsubs­trat eingebrach­t werden, da Seerosen den Großteil ihrer Nährstoffe nicht aus dem Wasser aufnehmen. Im Herbst können die winterhart­en Seerosen im Teich bleiben, sofern sich das Rhizom in einer frostfreie­n Tiefe befindet. Durchfrier­en darf dieses nämlich auf keinen Fall.

Wärmeliebe­ndere tropische Arten können etwa Ende September im Haus in einem dunklen und kühlen Raum im Eimer oder Kübel überwinter­t werden. Zuvor müssen aber noch die abgestorbe­nen Blätter und Blüten entfernt werden. Diese sind unbedingt abzuschnei­den und keinesfall­s einfach auszureiße­n, da ansonsten das Rhizom beschädigt werden könnte. Im Frühjahr werden sie dann wieder in den Teich eingesetzt und die Faszinatio­n Seerose kann von Neuem beginnen.

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FOTO: FRANKYAT/DJD Auch im heimischen Teich können Seerosen gedeihen. Allerdings gilt es, die besonderen Bedürfniss­e der Pflanzen zu kennen.
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FOTO: LUCY SMITH/DPA Besonders eindrucksv­oll ist die Victoria boliviana. Die Riesenseer­ose mit ihren kreisrunde­n Bättern und betörend duftenden Blüten stammt aus dem Amazonasge­biet.

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