Ein beseelter Ort der Gastlichkeit am See
Eines ist schon mal beim Hinsetzen klar: Näher am Wasser gebaut hat keiner als die Seehalde in Uhldingen-Mühlhofen. Es plätschert nur wenige Zentimeter vom klassisch eingedeckten Tisch vor sich hin. Der Himmel inszeniert sich in einem Wechsel aus Sonne und Wolken. Gerade recht, um zur Mittagszeit im teils natürlich beschatteten Garten nicht von allzu heftiger Hitze behelligt zu werden. Und zwischendurch macht ein Schwanenpaar in fast greifbarer Nähe Geräusche bei der Diskussion allfälliger Eheangelegenheiten.
Der Restaurant-Innenraum ist schon ein bisschen in die Jahre gekommen. Für Nostalgiker die genau richtige Dosis Vergangenheit, zumal alles top gepflegt ist.
In den geschmackvoll eingerichteten Hotelzimmern ist die moderne Zeit mit viel Holz aber schon eingezogen. Als schönste Kulisse für eine gepflegte Mahlzeit ist der Bodensee aber ohnehin nicht zu toppen. Im Service setzt das Inhaber-Brüderpaar Markus und Thomas Gruler auf eifrige Menschen in Schwarz und Weiß.
Und auf den Tellern? Darauf zeigt Küchenchef Markus Gruler erstaunliche Konstanz. Schon seit Jahrzehnten pflegt das Haus einen eigenständigen Stil, der im Wesentlichen auf dem Bewusstsein fußt, dass die Produkte vor der Haustüre zu bevorzugen sind. Und so findet sich trotz allgemeiner Knappheit auch Bodenseefisch auf der Karte. Gut zu erleben als Häppchen in der Vorspeise. Da glänzt zum Beispiel ein in süßsäuerlichem Essig eingelegter Felchen. Auch das Rotauge nach Matjesart ist eine für hiesige Verhältnisse sehr ungewöhnliche Zubereitungsart – funktioniert in zarter Salzigkeit aber ausgezeichnet. Die milde Fischsuppe mit Röstbrot und Rouille ist ebenso ein guter Beleg dafür, dass Fisch in all seinen Facetten zum kleinen Einmaleins der Küche gehört. Frei von Gräten, immer zart und auf die Sekunde genug gegart, entfalten praktisch alle Tiere aus Meer und See optimal ihren Eigengeschmack.
So auch der exzellente Steinbutt im Hauptgang, ergänzt um einen zarten Pulpo. Witzig dabei: eine sogenannte Stockfischbrandade. Dabei handelt es sich um ein Püree, in dem sich Fisch und Kartoffeln zu einer schmackhaften Liaison verbinden. Über den meisten Gerichten schwebt stets eine duftige Wolke aus Aromen, die vom raffinierten Würzen ausgeht. Mal ist es Fenchel, mal Nelke, mal Knoblauch in zarten Nuancen. Nie pampt die Küche zu viel davon unters Essen, sodass die Ausgangsprodukte nicht im Würznebel untergehen. Das gilt auch für das sahnig-fein zubereitete gezupfte Ragout vom Salemer Landhuhn. Eine Art Edel-Frikassee mit Weißwein, unterstrichen von Zitrone und Estragon, begleitet von Nudeln und Erbsen.
Dass eine solche Kreativküche auch beim Nachtisch kein 08/15-Dessert serviert, versteht sich von selbst. Geradezu deliziös komponiert: der gebackene Grießknödel mit Rhabarberrragout und Waldmeistereis. Der Kontrast des knuspernden und heißen Knödels zu den süßen Verlockungen funktioniert hervorragend. Da mischen sich Aromen von Bitterorange, lieblicher Erdbeere und karamelliger Schokolade. Ein Fest für die Sinne – kein Wunder, dass Familie Schwan da eifersüchtig schnattert.