„Blauwagen“bringt Menschen zusammen
Initiatorinnen von Betriebsseelsorge und Haus der Jugend ziehen eine positive Bilanz
- Von wegen „das traurigste Abschlussfest“. Sogar bei Regen sind am Donnerstag Kinder, Eltern und Großeltern in den Stadtpark gekommen, um den „Blauwagen“in sein Winterquartier zu verabschieden. Die Initiatorinnen Anne Klöcker vom Haus der Jugend und Karolina Tomanek von der katholischen Betriebsseelsorge ziehen eine positive Bilanz: „Die Erwartungen haben sich voll erfüllt“, freuen sie sich.
Über den Sommer ist er ein vertrauter Anblick geworden: der hübsch bemalte Bauwagen mit Blumenwiese, blauem Himmel und Schäfchenwolken, der jeden Monat an einem anderen Ort Station gemacht hat: auf der Schillerhöhe, im Stadtpark, am Haus der Jugend und am Schlossspielplatz Wasseralfingen. Immer mittwochs und donnerstags öffnete sich sein Fensterchen, dann gab’s Kaffee und Kuchen zu kaufen, und rund um das Gefährt war Betrieb. Jongleur und Zauberer, Musiker, Clown und Theaterleute unterhielten die Besucher. Für die Kinder gab’s jede Menge zum Mitmachen: zum Basteln, Tanzen oder Forschen.
„Wir wollten, dass die Menschen nach Corona wieder zusammenkommen“, erzählt Anne Klöcker. Das ist ihr geglückt. Von Mai bis Mitte September sorgte der „Blauwagen“insgesamt 40-mal für ein entspanntes Zusammentreffen unterschiedlichster Menschen im Park, regelmäßig kamen zwischen 70 und 100 Leute. Nur ein einziger Termin fiel wegen Regen aus, „und jetzt das“, bedauert Anne Köcker, während der Wind die Tropfen aus den Bäumen des Stadtparks auf die wenigen Wartenden schüttelt, die sich ein letztes Mal um den „Blauwagen“geschart haben. Doch zum Glück gibt’s den überdachten Pavillon. Nicht lange, und das Abschiedsfest ist dort in fröhlichem Gang.
Der „Blauwagen“gehört der katholischen Betriebsseelsorge. Sie konnte ihn mit der Unterstützung einer Kirchenstiftung für rund 14 000 Euro kaufen und im Rahmen eines Jugendprojekts renovieren, berichtet
Karolina Tomanek. „Azubis der Firmen Alfing, Mapal, Franke und von der Stadt Aalen haben aus einer Schrottlaube diesen liebenswerten Wagen gemacht“, lobt sie. Hinter dem Projekt steckte der Gedanke, dass die 16- bis 21-jährigen Metaller einmal etwas herstellen, „was für andere Menschen eine Bedeutung bekommt“. Die fröhliche Bemalung übernahm Marie Kubitza vom Kollektiv K, die Räume fürs Renovieren stellte das Haus der Jugend zur Verfügung. „Ab Mai begann dann die Beteiligungsphase“, so Karolina Tomanek. Und damit das Engagement von Anne Klöcker.
„Ich wollte schon immer ein Projekt auf einem Spielplatz machen“, erzählt sie. In Berlin, wo sie einmal lebte, habe sie den Spielplatz als „einen der diversesten Orte“überhaupt kennengelernt, in Aalen dagegen „eher ein Nebeneinander statt ein Miteinander“festgestellt. Ob sich das mit Kaffee und Kuchen für die Eltern und mit Spielangeboten für die
Kinder ändern ließe? Wichtig war Anne Klöcker, dass das Angebot für alle bezahlbar sein und es Kindern kulturelle Teilhabe ermöglichen solle, die über ihr Elternhaus nicht mit Musik, Theater und anderen Kulturangeboten in Berührung kommen.
Dank einer Unterstützung der Stiftung Baden-Württemberg habe man im „Blauwagen“die Muffins für 50 Cent und die Getränke zum Einkaufspreis anbieten können. „Manche Kinder waren richtig happy, weil sie sich so auch einmal Kuchen leisten konnten“, hat Anne Klöcker beobachtet. Für viele, die keinen Urlaub machen können, hätten sich die Mitmachangebote als beliebtes Ferienprogramm erwiesen. Beteiligt daran waren viele, von Aalener Künstlern des Kollektivs K über Theaterleute und Mitarbeiter des Hauses der Jugend bis hin zu Aalener Musikern und dem explorhino.
Im Stadtpark sei das Publikum am diversesten gewesen, meint Anne Klöcker. Besonders gern erinnert sie
sich an den Tag, als sie eine „Musikreise um die Welt“spielte. Die Lieder hätten rund 150 Menschen zum „Blauwagen“gelockt. „Und als wir den Hit ,Simarik“von Tarkan gespielt haben, haben mindestens 50 von den 150 getanzt, es war super.“Da sei es ganz leicht gewesen, mit den meist türkischen Frauen ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig habe das friedliche Miteinander am „Blauwagen“dazu beigetragen, Vorurteile gegen den Stadtgarten als Treffpunkt von Jugendgangs abzubauen. „Das ist kein gruseliger, sondern ein toller Ort“, so Anne Klöcker.
Von hier wird der „Blauwagen“nun in sein Winterquartier am Haus der katholischen Kirche gebracht. Könnte sein, dass er im nächsten Jahr für Seniorenangebote genutzt wird oder aber für Berufsanfänger oder für etwas ganz anderes. „Es ist noch offen“, sagt Karolina Tomanek, aber: „Wir haben schon ganz viele Anfragen.“