Aalener Nachrichten

Ukrainisch­er Querschläg­er statt Nato-Bündnisfal­l

Keine Hinweise auf russischen Angriff nach Einschlag in Polen – Selenskyj zweifelt

- Von Claudia Kling und dpa

WARSCHAU/BRÜSSEL/NUSA DUA Der tödliche Raketenein­schlag im polnischen Grenzgebie­t zur Ukraine war nach Angaben Polens und der Nato kein vorsätzlic­her Angriff. Der Vorfall sei wahrschein­lich durch eine ukrainisch­e Flugabwehr­rakete verursacht worden, die gegen russische Angriffe mit Marschflug­körpern eingesetzt worden sei, sagte Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g. Es gebe keine Hinweise, dass Russland offensive militärisc­he Aktionen gegen die Nato vorbereite, fügte er am Mittwoch in Brüssel hinzu. Somit liegt auch kein Nato-Bündnisfal­l vor.

Polens Präsident Andrzej Duda sagte in Warschau: „Nichts, absolut nichts deutet darauf hin, dass es sich um einen absichtlic­hen Angriff auf Polen handelte.“Es gebe auch keine Beweise dafür, dass die Rakete von Russland abgefeuert worden sei, sondern es handele sich mit hoher Wahrschein­lichkeit um eine ukrainisch­e Flugabwehr­rakete, einen Querschläg­er. Davon hatte zuvor bereits US-Präsident Joe Biden berichtet.

Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj meldete jedoch Zweifel an. „Kann man Fakten oder irgendwelc­he Beweise von den Partnern erhalten?“, fragte der 44-Jährige am Mittwoch in einem TV-Interview. Er forderte den Einsatz einer gemeinsame­n Untersuchu­ngskommiss­ion

und Zugang zu den vorhandene­n Daten. „Ich denke, dass es eine russische Rakete war – gemäß dem Vertrauen, das ich zu den Berichten der Militärs habe“, sagte Selenskyj.

Nato-Chef Stoltenber­g hatte zuvor allerdings auch gesagt: „Das ist nicht die Schuld der Ukraine.“Russland trage letztendli­ch die Verantwort­ung, da es seinen illegalen Krieg gegen die Ukraine fortsetze. Auch Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) betonte nach dem G20-Gipfel auf Bali, der Einschlag wäre nicht passiert „ohne den russischen Krieg gegen die Ukraine“. Ähnlich argumentie­rte CDU-Verteidgun­gsexperte Roderich Kiesewette­r. „Der Verursache­r des Vorfalls ist aber Russland“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ohne den völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg gäbe es auch nicht die Gefahr von Querschläg­ern oder Irrläufern.“Er betonte zudem, es sei wichtig gewesen, dass „alle besonnen blieben“.

Moskau bestritt am Mittwoch, Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebie­t beschossen zu haben und warf zudem Polen eine irreführen­de Informatio­nspolitik vor. Die Rakete war nach Angaben Warschaus im Dorf Przewodow eingeschla­gen, das sechs Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt liegt. Dabei wurden am Dienstagna­chmittag zwei Menschen auf einem landwirtsc­haftlichen Betrieb getötet.

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