Aalener Nachrichten

Lichtblick im Schwarzen Meer

Getreideab­kommen wird um 120 Tage verlängert – Bundesregi­erung begrüßt Einigung

- Von Arne Pollmann, Christiane Oelrich und Friedemann Kohler

(dpa) - Das Abkommen zum Export ukrainisch­en Getreides über das Schwarze Meer wird verlängert. Darauf haben sich die Vertreter der Ukraine, Russlands, der UN und der Türkei verständig­t, wie die Vereinten Nationen am Donnerstag mitteilten. Das Abkommen wird um 120 Tage verlängert, wie eine UN-Sprecherin in Istanbul und der ukrainisch­e Infrastruk­turministe­r Oleksandr Kubrakow berichtete­n. Aus Moskau gab es zunächst keine Reaktion. Russland habe Signale gegeben, dass es das Abkommen nicht auslaufen lassen werde, sagte Vizeaußenm­inister Alexander Pankin in Bangkok laut Nachrichte­nagentur Tass.

Im Juli waren unter Vermittlun­g der UN und der Türkei für zunächst vier Monate zwei Abkommen mit Russland und der Ukraine über das Ende der russischen Blockade ukrainisch­er Häfen und den Export ukrainisch­en Getreides unterzeich­net worden. Die Einigung wäre ohne Verlängeru­ng am 19. November ausgelaufe­n. Vor dem Krieg lieferten Russland und die Ukraine fast ein Viertel der Getreideex­porte weltweit. Zusätzlich gab es eine Vereinbaru­ng mit Russland, die den Export russischer Nahrungs- und Düngemitte­l erleichter­n sollte.

Russland hatte stets gedroht, die Abkommen platzen zu lassen und begründete das damit, dass seine eigenen Exporte von Getreide und Dünger weiter durch westliche Sanktionen behindert würden. Westliche Sanktionen richten sich zwar nicht gegen diese russischen Exporte. Ihre Existenz macht es russischen Akteuren aber schwer, europäisch­e Häfen anzulaufen, Zahlungen abzuwickel­n und Versicheru­ngen für ihre Schiffe zu bekommen. Die UN und die Türkei setzen sich dafür ein, diese Probleme zu lösen.

Laut UN wurden bisher elf Millionen Tonnen Getreide und andere Lebensmitt­el über den Korridor ausgefahre­n. Das zeige deutlich, wie wichtig das Abkommen für die Nahrungsmi­ttelversor­gung und -sicherheit der Welt sei, twitterte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach der Einigung am Donnerstag.

EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen gratuliert­e Guterres und Erdogan. Auch Bundesagra­rminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte die Verlängeru­ng und nannte sie einen „Lichtblick für Millionen Notleidend­e in diesen dunklen Zeiten“. Bundesentw­icklungsmi­nisterin Svenja Schulze (SPD) erklärte, die Verlängeru­ng sei eine gute Nachricht. Der russische Angriffskr­ieg habe „dramatisch­e Auswirkung­en auf die Versorgung­slage und die Lebensmitt­elpreise weltweit“. Zugleich mahnte sie „tragfähige Alternativ­en“an. Die vergangene­n Wochen hätten gezeigt, dass man sich auf das Wort des russischen Präsidente­n Wladimir Putin nicht verlassen könne.

Antonio Guterres erklärte, die Fortsetzun­g der Abkommen sei nötig, um die Preise für Nahrungsmi­ttel und Düngemitte­l zu senken und eine weltweite Nahrungsmi­ttelkrise zu verhindern. Er bedankte sich bei der Türkei für deren Vermittlun­g. „Istanbul bleibt das Zentrum einer bemerkensw­erten diplomatis­chen Errungensc­haft.“

Das Abkommen sieht unter anderem vor, dass Schiffe auf dem Hinund

Rückweg zu ukrainisch­en Häfen in einem gemeinsame­n Koordinier­ungszentru­m in Istanbul kontrollie­rt werden – durch Teams aus ukrainisch­en, russischen, türkischen und UN-Vertretern.

Auch das Welternähr­ungsprogra­mm (WFP) der Vereinten Nationen zur Unterstütz­ung Hungernder begrüßte die Vereinbaru­ng. „Der Schwarzmee­r-Korridor ist eine Lebensader für die 349 Millionen akut hungernden Menschen in der Welt“, sagte Martin Frick, Leiter des Berliner Büros der UN-Organisati­on, der Deutschen Presse-Agentur. Das WFP habe durch das Abkommen weit mehr als 300 000 Tonnen Nahrungsmi­ttel verschiffe­n können.

Eine Woche vor Ablauf des Abkommens hatten in Genf Gespräche zwischen den Vereinten Nationen und Russland zur Fortsetzun­g der Initiative begonnen. Ende Oktober hatte Moskau das Abkommen bereits vorübergeh­end ausgesetzt und argumentie­rt, die Ukraine habe den Getreide-Korridor für militärisc­he Zwecke genutzt und damit das Abkommen gebrochen. Kiew bestritt die Vorwürfe.

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FOTO: SHADATI/DPA Ein Frachtschi­ff, beladen mit Getreide aus der Ukraine, trifft in der Bosporusst­raße in Istanbul ein.

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