WM-Flaute beim Wocheneinkauf
Discounter und Supermärkte gehen sehr unterschiedlich mit Fußball-Fanartikeln um
RAVENSBURG - Deutschland-Fähnchen fürs Auto, Girlanden, Trillerpfeifen: Normalerweise ist jetzt allerhöchste Zeit für deutsche Fußballfans, sich mit Fanartikeln für die am Sonntag startende Fußball-Weltmeisterschaft einzudecken. Fürs vorweihnachtliche Fußballschauen hierzulande bietet ein Discounter sogar Taschenwärmer in Deutschlandfarben an. Abgesehen vom ungewöhnlichen Zeitpunkt sind die Vorzeichen für das Turnier in diesem Jahr ohnehin andere als sonst. Denn das Gastgeberland Katar steht nicht zuletzt wegen Menschenrechtsverletzungen und Ausbeutung seiner Arbeiter auf den WM-Baustellen stark in der Kritik. Auch das sind Gründe, weshalb deutsche Supermärkte und Discounter ganz unterschiedlich mit der anstehenden Winter-WM umgehen.
Dass die Verbraucher zu Hause in Deutschland nicht so recht in WMKauflaune sind, zeigt eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim. Die besagt, dass die große Mehrheit der Befragten (72,7 Prozent) aktuell nicht bereit ist, überhaupt Geld für Fanartikel auszugeben. Die wenigen, die sich doch mit Fußball-Utensilien eindecken möchten, wollen dafür weniger Geld ausgeben als bei den beiden vorangegangenen Weltmeisterschaften. „Der Fanartikel-Markt bricht bei dieser WM sozusagen geradezu zusammen“, wird Studienleiter Markus Voeth in der Pressemeldung der Universität zitiert.
Im Handel sind auch deshalb nur vereinzelt Fanartikel zu sehen. Zum Beispiel beim Discounter Lidl. Auf einem Wühltisch im hinteren Bereich des Ladens liegen Fan-T-Shirts, Trikots und Sporthosen mit unterschiedlichen, meist schwarz-rot-goldenen Motiven aus – alles vom Fußball-Weltverband FIFA offiziell lizenzierte Artikel. Auffällig sind allerdings die roten Preisschilder. Die FIFA-Artikel sind beim Discounter schon vor Turnierbeginn stark reduziert: Das Kinder-Trikot-Set um 73 Prozent, T-Shirts um 69 Prozent und die Kapuzenpullover um 65 Prozent. Solche Preissenkungen kennt man sonst nur, nachdem die DFB-Elf ausgeschieden und das Turnier somit für die meisten deutschen Fans ohnehin gelaufen ist.
Auf die Gründe, warum die offiziellen WM-Produkte im Markt schon vor Turnierbeginn so günstig zu haben sind, ist Lidl trotz Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“nicht eingegangen. Die Pressestelle des Discounters teilt lediglich mit, dass dem Unternehmen die Kritik am Austragungsort bekannt sei, er mit
dem Verkauf von WM-Artikeln in Landesfarben der Begeisterung für Fußball Rechnung tragen wolle. „Zugleich möchten wir betonen, dass wir kein offizieller Partner der WM in Katar sind und kein Sponsoring
oder andere Partnerschaften bestehen“, so Lidl weiter.
Zur Schwarz-Gruppe gehört neben Lidl auch Kaufland. Auch hier gibt es für fußballaffine Kunden in diesem Jahr Fanartikel zur FußballWM.
Die Pressestelle hebt aber hervor, dass dem Unternehmen die grundsätzliche Kritik am Gastgeberland Katar zwar bewusst sei, Kaufland sich aber doch für den Verkauf von Fanartikeln entschieden habe. „Wir verstehen allerdings auch die Bedeutung, die Fußball und damit verbundene Großereignisse haben können, um insbesondere sehr junge Menschen für Sport zu begeistern“, so die Pressestelle. „Unsere Kunden nehmen dieses Angebot gerne an.“
Bei Aldi Süd hingegen will nicht so richtig Fußballstimmung aufkommen. Das Unternehmen teilt auf Anfrage lediglich mit, dass zur diesjährigen Fußball-WM überhaupt keine Aktionen geplant seien. „Es wird lediglich ein kleines, sehr ausgewähltes Sortiment mit Fußballmotiven geben“, teilt der Discounter schriftlich mit. Zu den Gründen, weshalb das Angebot bei Aldi Süd in diesem Jahr abgespeckt ist, will sich der Discounter nicht weiter äußern.
Rewe positioniert sich dahingehend klarer. „Offizielle Fanartikel der WM wird es bei uns nicht zu kaufen
geben“, teilt die Pressestelle des Supermarkts auf Anfrage mit. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Fußball-Weltmeisterschaft dieses Jahr auf viel geringeres Interesse stoße als frühere Großturniere. Ein Hauptgrund dafür sei, dass die WM ohnehin kontrovers diskutiert werde. Außerdem würden aber auch der Krieg in der Ukraine, die damit verbundenen Preissteigerungen und nach wie vor die Corona-Pandemie eine Rolle spielen, so die Rewe Pressestelle. Auch deshalb komme bei der Kundschaft nur wenig Fußballstimmung auf.
Das liege aber auch daran, „dass die WM in eine Zeit fällt, in der Handel und Kunden sich auf Weihnachten vorbereiten“. Das Weihnachtsgeschäft steht deshalb für Rewe im Vordergrund. „Dennoch werden wir die WM im Hinblick auf das Marketing begleiten“, so das Unternehmen weiter, „zum Beispiel mit dem insbesondere bei Kindern sehr beliebten DFB-Sammelalbum.“Ein FIFA-, geschweige denn das WM-Logo ist auf diesem aber nicht zu erkennen.