Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Kaum ist ein Kompromiss gefunden, beginnen beide Seiten damit, diesen schönzureden. Bei der jetzt beschlossenen Tarif- einigung für die Metallund Elektroindustrie hört es sich zwar etwas anders an, läuft jedoch auf dasselbe hinaus. Die Arbeitgeber räumen ein, nur um den Preis, einen Flächenstreik zu vermeiden, dem Kompromiss zugestimmt zu haben. Der Schmerz ist groß für den Verband, der mit der Forderung nach einer Nullrunde in die von Krisen überschattete Tarifrunde ging. Auch die IG Metall musste Federn lassen. Statt acht Prozent für zwölf Monate wurden es 8,5
Prozent für zwei Jahre, und die Erhöhung kommt erst im Sommer. Nicht einmal die volle Inflationsprämie können die Metaller vor dem Winter erwarten.
Dennoch liegt auf der Hand, dass die Arbeitgeber angesichts der aufgefahrenen Drohkulisse die größeren Zugeständnisse machen mussten. Den Ausweg suchen sie offenbar in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Denn die Hauptlast wird bei den Betrieben erst ab Mitte 2023 aufschlagen und sich vor allem 2024 auswirken.
Ob dann die Situation tatsächlich besser ist, darf bezweifelt werden. Die Lage der deutschen Metallund Elektroindustrie ist alles andere als rosig: hohe Energiekosten, Lieferprobleme, die Beschleunigung der Transformation und immer neue Vorgaben der Politik für die Autohersteller machen den Unternehmen das Wirtschaften schwer. Und jetzt droht auch noch ein Abschmelzen der Auftragseingänge. Betriebe, die im Ausland produzieren, stehen besser da, weil dort die Energiekosten niedriger sind. Hohe Tarifgehälter sind sicher allein kein Grund, in andere Länder abzuwandern. Den Trend kann es jedoch beschleunigen. Und das wäre dann auch schlecht für die IG Metall. Denn wem soll sie dann noch drohen?