Der Zapfhahn bleibt zu
Katar setzt doch noch ein Alkoholverbot im Stadionbereich durch – WM ist ein Alptraum für die Sponsoren
DOHA (SID/dpa) - Der Zapfhahn bleibt zu: An den WM-Stadien wird nun plötzlich doch kein Bier ausgeschenkt – jedenfalls nicht mit Alkohol. Auf Druck des Gastgebers Katar vollzog die Fifa damit nur 48 Stunden vor dem Eröffnungsspiel eine spektakuläre Kehrtwende. Und die Fans müssen sich auf eine etwas andere WM einstellen.
Nach Gesprächen zwischen den Behörden in Katar und der Fifa „wurde entschieden, den Verkauf von alkoholischen Getränken“an den acht WM-Stadien nicht mehr zuzulassen, wie es in einer Mitteilung des Weltverbands hieß. Es werde weiterhin ein „angenehmes, respektvolles und zufriedenstellendes“Stadionerlebnis sichergestellt, teilte die Fifa mit. So sei alkoholfreies Bier der Marke Budweiser, einer der größten Sponsoren des Weltverbands, vom Verbot nicht betroffen. Auf dem großen Fanfestival im Al-Bidda-Park im Zentrum von Doha wird es hingegen Bier geben, allerdings erst ab 18.30 Uhr Ortszeit. Budweiser selber scheint von der neuen Regelung nicht sonderlich begeistert zu sein: „Nun, das ist peinlich...“, schrieb der US-Braukonzern auf Twitter
– und löschte den Tweet wenig später wieder. Stattdessen veröffentlichte die Eigentümergesellschaft Anheuser-Busch (AB InBev) wenig später ein offizielles Statement: „Als Partner der Fifa seit über drei Jahrzehnten freuen wir uns auf unsere Kampagnen auf der ganzen Welt, um den Fußball mit unseren Konsumenten zu feiern“, teilte AB InBev mit und sprach bezogen auf die Stadien von „Umständen, auf die wir keinen Einfluss haben“.
Bier in Katar – seit Jahren ein riesiges Thema. Eigentlich sollte es an den Stadien in dem konservativ muslimischen Emirat vor und nach den Spielen in speziellen Verkaufszelten alkoholhaltiges Bier geben – aber nicht währenddessen. Darauf hatten sich Katar und der Fußball-Weltverband erst im September geeinigt. Bereits in der Vorwoche wurde Budweiser allerdings auf Druck der Herrscherfamilie Katars gebeten, die geplanten Verkaufszelte
an weniger auffällige Orte an den Stadien zu verlegen – nun folgte das komplette Verbot. „Ich würde mir den Vorgang gerne anschauen und sehen, wie die Begründung der Kataris ist. Da will ich nicht aus der Hüfte schießen“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf.
Die Fan-Vertreter werden da schon deutlicher. „Manche Fans mögen Bier während des Spiels und andere nicht – aber das wirkliche Problem ist der UTurn in letzter Minute, der ein größeres Problem offenbart“, schrieb die Fan-Organisation „Football Supporters Association“. Es gebe einen „völligen Mangel an Kommunikation und Klarheit“, der die „verständlichen Sorgen“der Fans schüre, dass auch andere Zugeständnisse nicht eingehalten würden.
Dass innerhalb der Stadien kein alkoholhaltiges Bier verkauft wird, gehörte schon zum Ursprungskonzept. Ausnahmen sollten spezielle VIP-Pakete für die Logen sein. Dennoch überrascht die Wendung. Wie wichtig der Budweiser-Deal eigentlich für die Fifa ist, zeigt ein Beispiel der WM in Brasilien. Vor dem Turnier war der Alkohol-Ausschank in Stadien auch dort gesetzlich verboten, doch die Fifa wollte es anders. So verabschiedete der brasilianische Senat im Mai 2012 die sogenannte „Budweiser Bill“– der Bierverkauf in den Stadien war plötzlich erlaubt. Dieses Mal ist es anders.
Die WM in Katar entwickelt sich damit immer mehr zu einem Albtraum für die Sponsoren. Korruptionsvorwürfe, Menschenrechtsverletzungen, tote Arbeitsmigranten – all das kratzt am Image. „Es ist kaum Begeisterung in der Kommunikation zu spüren, viele Partner versuchen, möglichst wenig direkten Bezug zum Turnier in Katar herzustellen“, sagte Marketing-Experte Dennis Trautwein, Managing Director Germany&France der Agentur Octagon. „Für die Partner ist das ein Drahtseilakt. Sie haben auf der einen Seite viel Geld investiert und wollen bestimmte Marketingziele erreichen, andererseits wollen sie aber auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und müssen ihre Rolle in diesem Kontext klar kommunizieren.“
Mit der klaren Kommunikation ist es bei dieser Endrunde allerdings nicht weit her – wie der aktuelle Fall einmal mehr deutlich zeigt.