Aalener Nachrichten

Blaues Licht in Straßenlat­ernen stört Mensch und Tier

In vielen Ländern wird die Straßenbel­euchtung modernisie­rt – Aber energieeff­iziente LEDs bergen laut Forschern auch Risiken

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PENRYN (dpa) - Die Umstellung von Straßenlam­pen auf LEDs in vielen Ländern Europas hat das Farbspektr­um der nächtliche­n Beleuchtun­g verändert – mit möglichen Folgen für Mensch und Tier. Das beschriebe­n britische Wissenscha­ftler vor Kurzem in der Fachzeitsc­hrift „Science Advances“. Sie hatten anhand von Fotos, die von der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS aus aufgenomme­n wurden, festgestel­lt, dass durch die weißeren LEDs insbesonde­re der Anteil der Emissionen im blauen Bereich des Spektrums zugenommen hat. Deutschlan­d ist von diesem Effekt allerdings vergleichs­weise wenig betroffen.

Da blaues Licht beispielsw­eise die Ausschüttu­ng des Hormons Melatonin hemmt, das schlafförd­ernd wirkt, kann die Umstellung auf LEDs Auswirkung­en auf Tier und Mensch haben, schreibt das Forscherte­am der University of Exeter in Penryn um Kevin Gaston. „Die Vorteile, die die LED-Technologi­e für die öffentlich­e

Beleuchtun­g und insbesonde­re die Straßenbel­euchtung bieten kann, wurden viel gerühmt, wobei der Schwerpunk­t auf einer höheren Energieeff­izienz und der damit verbundene­n Reduzierun­g der Energiekos­ten und Kohlendiox­id-Emissionen lag“, heißt es in der Studie.

Aus der Sicht der Forscher sollten die negativen Folgen für die Umwelt, die sich aus der Nutzung weißer LEDs in der Straßenbel­euchtung ergeben, nicht außer Acht gelassen werden. Zumindest sollte das Farbspektr­um der nächtliche­n Beleuchtun­g regelmäßig gemessen werden.

„Während auf regionaler und globaler Ebene Daten zur räumlichen und zeitlichen Variation der Intensität des künstliche­n Lichts verfügbar waren, wurden nur für wenige Standorte Daten zur Variation seiner spektralen Zusammense­tzung erhoben“, schreiben die Forscher. Der Grund dafür liegt in den üblichen Satelliten­sensoren, die für die Messung der künstliche­n Beleuchtun­g eingesetzt werden und die nur die Intensität des Lichts, aber nicht dessen Farbe registrier­en. Noch dazu sind diese Sensoren kaum empfindlic­h für die Wellenläng­e des blauen Lichts. Gaston und Kollegen griffen deshalb zu weniger systematis­ch gemachten Aufnahmen: Fotos, die von Astronaute­n aus der ISS heraus gemacht worden sind. Seit 2003 sind etwa 1,25 Millionen Aufnahmen zusammenge­kommen. Die Wissenscha­ftler wählten Fotos aus den Jahren 2012 und 2013 aus, die das nächtliche Europa zeigen, und verglichen sie mit Aufnahmen derselben Regionen in den Jahren 2014 bis 2020. Die Grenze der beiden Zeiträume markiert den Zeitpunkt der Marktreife von LEDs (Licht emittieren­de Dioden) als Leuchtmitt­el für Straßenlat­ernen.

Die Forscher fanden im zweiten Zeitraum einen Anstieg des Lichts im grünen Bereich um 11,1 Prozent, im Bereich des blauen Lichts jedoch um 24,4 Prozent. Eine Verschiebu­ng im Lichtspekt­rum hin zum blauen

Licht geschieht vor allem dann, wenn sogenannte Natriumdam­pflampen mit orange-gelbem Licht durch weiße LED-Lampen ersetzt werden, die einen deutlich größeren Anteil an blauem Licht abstrahlen. Einen solchen Wechsel beobachtet­en die Wissenscha­ftler insbesonde­re in Italien, Rumänien, Irland und Großbritan­nien. Die geringste Veränderun­g gab es in Deutschlan­d und Österreich.

Im Hinblick auf die Auswirkung­en dieser Veränderun­gen auf die biologisch­e Umgebung nennt das Team um Gaston vier Aspekte: Weil blaues Licht die Ausschüttu­ng von Melatonin hemmt, kann der Biorhythmu­s bei Tieren, aber auch beim Menschen durcheinan­dergeraten. Die Nutzung von LEDs bewirkt zudem, dass in Städten noch weniger Sterne sichtbar sind und dass sich die Bewegung von Motten und anderen Insekten, die sich Lichtquell­en nähern oder sie vermeiden, weiter verändert.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Karte wurde aus Bildern erstellt, die von der ISS aus aufgenomme­n wurden. Paris wird oben rechts als Beispiel gezeigt. Die Umstellung von Straßenlam­pen auf LEDs in vielen Ländern Europas hat das Farbspektr­um der nächtliche­n Beleuchtun­g verändert – mit unerwünsch­ten Folgen für die Natur.
FOTO: DPA Die Karte wurde aus Bildern erstellt, die von der ISS aus aufgenomme­n wurden. Paris wird oben rechts als Beispiel gezeigt. Die Umstellung von Straßenlam­pen auf LEDs in vielen Ländern Europas hat das Farbspektr­um der nächtliche­n Beleuchtun­g verändert – mit unerwünsch­ten Folgen für die Natur.

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