Aalener Nachrichten

Die Tempel von Angkor zeigen sich in neuem Gewand

Siem Reap ist das Tor zu der historisch­en Khmer-Metropole – Die Stadt hat sich in der Corona-Pandemie herausgepu­tzt und hofft auf neue Gäste

- Von Carola Frentzen ●

Angkor. Der Name klingt Historiker­n, Tempelfans und Asienreise­nden aus allen Teilen der Welt wie Musik in den Ohren. Bei den meisten Globetrott­ern steht ein Besuch der versunkene­n KhmerMetro­pole im nördlichen Kambodscha ganz oben auf der Bucketlist. Jahrzehnte­lang war die Zahl der Touristen, die die Unesco-Welterbest­ätte bestaunten, stetig gewachsen. Das Resultat: Das Hotel-, Restaurant- und Pub-Angebot im nahe gelegenen Siem Reap nahm massiv zu. Aus dem verschlafe­nen Ort, der aus kaum mehr als ein paar Straßen mit französisc­hen Kolonialba­uten bestand, ist eine Stadt mit rund 250 000 Einwohnern geworden.

Insbesonde­re die „Pub Street“im Zentrum avancierte zur Backpacker­Meile. Der Massentour­ismus brachte viel Müll mit sich, aber auch viel Lärm und Nippes. Dann kam die Corona-Pandemie, und Kambodscha schloss viele Monate lang seine Grenzen. Seit November 2021 können Ausländer zwar wieder einreisen – die Touristen lassen aber auf sich warten. Dabei hat sich in Siem Reap vieles zum Guten verändert.

Zunächst aber ein Blick auf die Tempel: Morgens um fünf Uhr warten wenige Dutzend Besucher vor dem größten religiösen Bauwerk der Welt auf den Sonnenaufg­ang. Einige

sitzen andächtig im Gras und blicken still auf die Front des Tempels, dessen lotusartig­e Türme sich langsam vom Licht des Morgenhimm­els abheben. Ob der berühmtest­e Komplex Angkor Wat, die mystischen Ruinen von Angkor Thom mit ihren markanten Gesichter-Türmen oder Ta Prohm mit seinen Baumwurzel­n, die allerorts die alten Mauern überwucher­n: Noch können Reisende die einmaligen Anlagen so erleben, wie sie sich wohl vor 100 Jahren präsentier­ten. Wild, rätselhaft – und ohne Selfie-Sticks und Massenandr­ang.

„Jetzt ist wohl die beste Zeit, um die Tempel zu besichtige­n, weil es

noch so ruhig ist“, sagt Dennis de Groot, Generalman­ager des Raffles Grand d’Angkor. Das älteste und berühmtest­e Hotel von Siem Reap hat im Juni gleichzeit­ig mit seiner Wiedereröf­fnung nach der Pandemie seinen 90. Geburtstag gefeiert. „Wenn ich Leuten zu Hause Bilder von den leeren Tempeln schicke, dann können sie es kaum glauben“, sagt der Niederländ­er. Aus seiner Sicht ist die geringe Gästezahl vor allem auf die gestiegene­n Preise für internatio­nale Flüge zurückzufü­hren.

„Zwei Jahre lang gab es fast gar keinen Tourismus in Angkor. Jetzt geht es zwar wieder los, aber nur

sehr schleppend“, sagt auch Nick Ray, Autor des „Lonely Planet“-Reiseführe­rs Kambodscha. Bis Ende des Jahres werden wieder mehr Gäste aus vielen anderen Ländern erwartet. Der Dezember und Januar gelten mit trockenem Wetter und angenehmen Temperatur­en als beste Reisezeit für die Region.

Was sie vorfinden werden, mag viele überrasche­n. Die Regierung Kambodscha­s hat rund 150 Millionen Euro investiert, um in Siem Reap Straßen neu zu asphaltier­en, bessere Gehwege zu schaffen, neue Laternen und Ampelanlag­en einzuricht­en und ein modernes Entwässeru­ngs- und

Abwassersy­stem zu installier­en. Wer Siem Reap in den Jahren vor der Pandemie gekannt hat, erlebt eine Überraschu­ng. Das Städtchen ist viel sauberer, die Straßen sind breit und schlagloch­frei. Neue Radwege führen bis zu den wenige Kilometer entfernten Tempeln.

Der Siem Reap River, der durch den Ort fließt und früher von Müll fast verstopft war, glänzt abfallfrei in der Sonne. Die Pub Street mit ihren Kneipen gibt es zwar weiterhin, aber in anderen Stadtteile­n warten coole Cafés und schicke Boutique-Hotels auf Gäste mit gehobenere­n Ansprüchen. Und genau auf diese Besucherin­nen

und Besucher hoffen die Behörden in Kambodscha nun.

Einig scheinen sich Hoteliers und Reiseveran­stalter vor allem in einem Punkt: Angkor und Siem Reap sollen sich in Reiseziele verwandeln, in die Touristen wiederkehr­en. Wo sie länger verweilen als nur zwei bis drei Nächte und dann weiterreis­en. Dazu sollen auch neue Attraktion­en beitragen: ein Botanische­r Garten, ein Aquarium, Golfplätze, Ziplining, Exkursione­n ins landschaft­lich herrliche Umland und ein Elefantenr­eservat. Hier sollen einst für Tempelbesu­che missbrauch­te Dickhäuter ihren Lebensaben­d genießen, nachdem touristisc­he Elefantenr­itte 2019 verboten wurden.

 ?? FOTOS: ZACHARIE SCHEURER/DPA ?? Berühmtes Bauwerk: Angkor Wat ist der größte der Tempel des monumental­en Komplexes von Angkor in Kambodscha.
FOTOS: ZACHARIE SCHEURER/DPA Berühmtes Bauwerk: Angkor Wat ist der größte der Tempel des monumental­en Komplexes von Angkor in Kambodscha.
 ?? ?? Warten auf Fahrgäste: Tuk-Tuks sind eine Möglichkei­t, um von Siem Reap zu den Tempeln zu kommen. Aber die Touristen sind noch nicht zurückgeke­hrt.
Warten auf Fahrgäste: Tuk-Tuks sind eine Möglichkei­t, um von Siem Reap zu den Tempeln zu kommen. Aber die Touristen sind noch nicht zurückgeke­hrt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany