Aalener Nachrichten

Selbst der Klimafonds bleibt vage

Die Ergebnisse bei der UN-Konferenz in Scharm el Scheich sind kaum greifbar

- Von Igor Steinle, André Bochow und Ellen Hasenkamp

- Die Hoffnungen, die sich mit der Cop27, der UN-Klimakonfe­renz im ägyptische­n Scharm el Scheich verbanden, waren gering. Zu Recht, wie sich nach ihrem Ende herausstel­lt. Immerhin gab es doch noch eine Abschlusse­rklärung.

Was wurde konkret für den Klimaschut­z erreicht?

Bundesumwe­ltminister­in Steffi Lemke (Grüne) ist nicht gerade begeistert: „Das Ergebnis der Cop27 insgesamt bleibt hinter dem Notwendige­n zurück“, erklärte sie. Das betrifft insbesonde­re das Ziel der CO2-Reduktion. „Die Staaten konnten und wollten sich nicht auf einen belastbare­n und verbindlic­hen Ausstiegsp­fad aus der fossilen Energie einigen“, kritisiert­e auch der Umweltverb­and Nabu. Deutschlan­d habe sich hier wegen der aktuellen Hinwendung zum Gas „als schlechtes Vorbild präsentier­t“. Der WWF monierte: „Die Lücke zwischen dem, was an Klimaschut­z notwendig ist, um die Erderhitzu­ng auf 1,5 Grad zu begrenzen, und den gesetzten Klimaziele­n, ist nach wie vor enorm.“Die Organisati­on Germanwatc­h wies allerdings darauf hin, dass es noch schlimmer hätte kommen können: „Dieser Weltklimag­ipfel war ein Abwehrkamp­f gegen die Öl- und Gas-Lobby.“Diese habe versucht, „aus der aktuellen Energiekri­se Kapital zu schlagen“. Der Welt sei es aber gelungen, den Pfad zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits zumindest offen zu halten. Viele Umweltschü­tzer riefen nun die Bundesregi­erung zu einer beschleuni­gten Energiewen­de auf.

Zahlt nun irgendwer für die Klimaschäd­en?

Dies ist wohl der größte, wenn nicht einzige Erfolg der Klimakonfe­renz: Ein Fonds für klimabedin­gte Schäden und Verluste bei besonders betroffene­n Staaten wurde beschlosse­n. Seit 15 Jahren wird über dieses Thema debattiert, doch bisher wehrten sich vor allem die westlichen Industries­taaten dagegen: Sie fürchteten die kaum abschätzba­ren Kosten eines solchen Finanzmech­anismus und juristisch­e Folgen, sodass sie etwa für Klimaschäd­en in anderen Ländern haftbar gemacht werden könnten. In Ägypten ist jedoch Bewegung in die Angelegenh­eit gekommen. Eine wichtige Rolle spielte bei diesem Kompromiss auch die Bundesrepu­blik: Durch einen „Klimaschut­zschirm“zur Abfederung von Klimaschäd­en, den Bundesentw­icklungshi­lfeministe­rin Svenja Schulze (SPD) präsentier­te, schaffte Berlin Vertrauen bei den Entwicklun­gsländern. Nun ist der Internatio­nale Währungsfo­nd aufgeforde­rt, Instrument­e für die Finanzieru­ng zu entwickeln. Umstritten ist dabei die Rolle des weltweit größten CO2-Verursache­rs China. Die global gesehen zweitstärk­ste Wirtschaft­smacht, die beim Klimaschut­z weiter als Entland,

wicklungsl­and behandelt werden will.

Was ist aus dem Milliarden-Fonds für die Entwicklun­gsländer geworden?

2009 hatten die Industriel­änder versproche­n, ab 2020 den Entwicklun­gsländern jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaschut­z und -anpassung zur Verfügung zu stellen. Doch eingelöst ist das Verspreche­n immer noch nicht, was sowohl den Empfängers­taaten als auch der Glaubwürdi­gkeit der Geberlände­r schadet. Obwohl das Problem vielfach angeprange­rt wurde, kam auch in Scharm el-Scheich nicht genug Geld zusammen. Die Industries­taaten wurden nun aufgeforde­rt, dies nachzuhole­n. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD), der zu Beginn der Konferenz nach Ägypten gereist war, hatte dort eine Aufstockun­g der deutschen Zahlungen zugesagt. Der geschäftsf­ührende Vorstand von Greenpeace Deutsch

Martin Kaiser, sagte: „Am Ende dieser Klimakonfe­renz klebt somit ein kleines Pflaster auf einer riesigen klaffenden Wunde.“

Welche Rolle spielte die Präsidents­chaft Ägyptens?

Keine rühmliche. Das war kaum anders zu erwarten in einem Land, in dem es 60.000 politische Gefangene gibt, in dem Menschenre­chte extrem eingeschrä­nkt sind. Während der Klimakonfe­renz beschwerte sich die deutsche Botschaft über die Beobachtun­g von Veranstalt­ungen im deutschen Pavillon durch ägyptische Sicherheit­sbehörden. Bei den Veranstalt­ungen wurde die Menschenre­chtslage in Ägypten thematisie­rt. Auch bei anderen Veranstalt­ungen sollen Sicherheit­sleute gefilmt und fotografie­rt haben. Die ägyptische­n Behörden bestritten die Überwachun­g. Die deutsche Klimaaktiv­istin Luisa Neubauer bezeichnet­e die Möglichkei­t zum Protest bei der Konferenz als „Shitshow“. Hinter den Vereinten Nationen, die das Konferenzg­elände kontrollie­ren, sei der „ganze ägyptische Apparat“erkennbar. Es sei das „Wirken einer Diktatur“. Und auch inhaltlich habe Ägypten laut „Germanwatc­h“eine negative Rolle gespielt. Der Gastgeber habe „Interessen Saudi-Arabiens und anderer Golfstaate­n sowie Chinas begünstigt“.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Einer der Hauptbrems­er in Scharm el Scheich: Xie Zhenhua, Klima-Chefunterh­ändler von Chinas roter Diktatur.

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