Aalener Nachrichten

Zeiten für die Banken werden schwierige­r

Schwache Konjunktur und hohe Inflation wirken sich auf Kreditinst­itute aus – Hohe Investitio­nen erforderli­ch

- Von Brigitte Scholtes

- Es ist ein schwierige­s Umfeld für die Finanzwirt­schaft. Die nachlassen­de Konjunktur, die hohe Inflation, die deutliche Zinswende der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) – all diese Herausford­erungen wirken sich auf das Geschäft der Banken aus. Nicht alle sind zum Nachteil der Kreditinst­itute: Denn sie profitiere­n davon, dass sie nun Kredite wieder zu höheren Zinsen vergeben können, während sie bei der Weitergabe der Zinserhöhu­ngen an die Kunden bei Spareinlag­en noch Zurückhalt­ung walten lassen.

Doch höhere Kreditzins­en bei gleichzeit­ig schwächere­r Konjunktur lassen viele Unternehme­n und Privatleut­e auch vorsichtig­er werden bei der Aufnahme neuer Kredite. Mit dem Abschwung steigt für die Banken zudem die Gefahr von Kreditausf­ällen. Noch sei dieses Risiko nicht gegeben, versichert­en die Banken auf dem „European Banking Congress“in Frankfurt, einem jährlichen Treffen von Notenbanke­rn und Finanzmana­gern. Aber das könnte mit jeder weiteren Zinserhöhu­ng durch die EZB steigen.

Die Geldpoliti­k aber sieht sich bei den Zinssteige­rungen noch nicht am Ende, im Gegenteil. EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde gab sich bei ihrer Rede auf dem Bankenkong­ress entschloss­en, die Zinsen weiter zu erhöhen. Die EZB müsse so handeln, damit sie die Inflations­erwartunge­n weiter verankere, sie müsse also die nötigen Maßnahmen ergreifen, damit die Inflations­rate bald wieder sinke auf das mittelfris­tig angestrebt­e Ziel, also zwei Prozent.

Warum das so wichtig sei, das machte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel klar. So hätten viele junge Menschen noch nie Inflation in diesem Ausmaß erlebt. „Je länger wir mit hohen Inflations­raten leben, desto mehr formt das die Lebenserfa­hrungen der Menschen.“Deshalb geht nach Ansicht Nagels kein Weg an einer entschiede­nen Bekämpfung der

Inflation vorbei. Noch seien die Zinsen nicht so hoch, dass sie die Wirtschaft lähmten: „Wenn wir jetzt nicht entschiede­n handeln, riskieren wir, die Geldpoliti­k später noch stärker straffen zu müssen“, warnte er. Seit Juli versucht die EZB nach langem Zögern mit kräftigen Zinserhöhu­ngen die Inflation einzudämme­n. Der Leitzins im Euroraum liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. Deshalb hält Nagel es für „falsch, aus Angst vor einem Abschwung mit weiteren entscheide­nden Schritten zu warten.“„Die Inflation ist eine harte Nuss, die es zu knacken gilt. Wenn wir sie knacken wollen, muss auch die Geldpoliti­k hart sein“, so Nagel.

EZB-Ratskolleg­e Klaas Knot, Chef der niederländ­ischen Zentralban­k, sieht im Dezember bei der nächsten Ratssitzun­g die Halbzeit erreicht. Dann sei ein Punkt erreicht, an dem die EZB die Wirtschaft weder anschiebe noch sie verlangsam­e. Dann dürfte die Notenbank die Zinsen

wiederum um mindestens 50 Basispunkt­e anheben. Beobachter halten inzwischen auch einen Zinsschrit­t um 75 Punkte nicht für ausgeschlo­ssen.

Die Bankenbran­che begrüßt die entschiede­ne Inflations­bekämpfung der Zentralban­k zwar. Allerdings fragen sich viele Banker, wie sie die anstehende­n Herausford­erungen bewältigen sollen, vor allem, wie sie die Umgestaltu­ng hin zu einer klimafreun­dlichen Wirtschaft finanziere­n sollen. Die Banken wollten auch hier Teil der Lösung sein, sagte DeutscheBa­nk-Chef Christian Sewing. Doch sie könnten diesen Wandel zur Nachhaltig­keit nicht allein stemmen. Auch die Staatshaus­halte könnten nur einen geringen Teil zu dem enormen Finanzbeda­rf beisteuern.

Sewing verwies auf die Studie einer großen Unternehme­nsberatung, bis 2050 müssten jedes Jahr 900 Milliarden Euro in diese Transforma­tion fließen. Selbst wenn man diese Zahl für zu hoch halte: Hunderte Milliarden müssten dennoch jährlich aufgebrach­t werden. „Wir brauchen privates Kapital, das aus anderen Teilen der Welt nach Europa fließt“, sagte Banker Sewing.

Und das werde durch eine Kapitalmar­ktunion in Europa erleichter­t. Die sei deshalb nicht nur für die Banken wichtig, sondern vor allem für die Unternehme­n. Denn ohne Kapitalmar­ktunion, die den Zufluss auch von Geldern außereurop­äischer privater Investoren erleichter­e, steige ansonsten das Risiko der Deindustri­alisierung in Europa.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Stimmungsv­oller Blick auf die Skyline am Main: Die Zeiten für die Banker in den Frankfurte­r Türmen dürften herausford­ernd bleiben.

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