Damit Lkw-Fahrer ausgeschlafen sind
Bund plant im Südwesten mehr als tausend neue Stellplätze für Lastwagen
STUTTGART (dpa) - Immer wieder kracht es auf Autobahnen, weil Lastwagenfahrer unter Schlafmangel leiden. Schuld daran sind auch zu wenige Stellplätze und fehlender Lärmschutz. Die Autobahn GmbH im Südwesten nimmt sich des Problems an – nicht schnell genug, meint ein Verband.
Lkw-Fahrern bleibt oft nichts anderes übrig, als nachts auf Pkw-Stellplätzen zu parken oder ihren Lastwagen auf Ein- und Ausfahrten von Rastanlagen zu stellen. Folge der drangvollen Enge ist Schlafmangel, der zu schrecklichen Unfällen führen kann. Doch Abhilfe ist in Sicht: Die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH des Bundes teilt auf Anfrage mit, dass bis zum Jahr 2030 mehr als tausend Lkw-Stellplätze entstehen sollen, zusätzlich weitere 2000 in den Jahren danach. Der ADAC hatte jüngst auf gefährliche Zustände auf den Autobahn-Rastanlagen aufmerksam gemacht und 3000 neue Stellplätze gefordert.
Eine besonders dramatische Situation stellte der ADAC bei der Rastanlage Sindelfinger Wald fest, wo bereits am Nachmittag kaum noch ein freier Stellplatz zu finden ist. Bei einer Momentaufnahme des ADAC nutzten dort drei Lastwagenfahrer den Seitenstreifen oder den Ein- oder Ausfahrtsbereich für ihre Nachtruhe. Die Autobahn GmbH selbst beziffert das Defizit auf 2500 Stellplätze und betont: „Lkw-Stellflächen sind ein wichtiger Faktor für die Einhaltung der Lenkzeiten der Brummifahrer.“Das diene der Sicherheit aller Autofahrer.
Das müsse schneller gehen, fordert die Initiative „Hellwach mit 80 km/h“, die sich dem Kampf gegen den Tod von Brummifahrern verschrieben hat. So solle es auf den Rastanlagen nicht nur mehr Plätze geben, sondern auch Schutz gegen Lärm und Hitze – durch Dämmwände oder Erdwälle für ungestörten Schlaf, sagt der Sprecher von „Hellwach“, Dieter Schäfer. Bei einer Umfrage
habe jeder vierte Fahrer angegeben, im Jahr 2019 ein- bis dreimal am Steuer eingenickt zu sein.
Die Autobahn GmbH sieht einen Schlüssel zu einer entspannteren Situation in der Verdichtung. Dabei werden die Stellplätze an den Rastanlagen nicht verkleinert, sondern Flächen umgenutzt. So könnten Fahrgassenflächen zu Parkflächen umfunktioniert werden. Darüber hinaus werde untersucht, welche vorhandenen Flächen sich innerhalb von Rastanlagen und Parkplätzen mit WC für zusätzliches Längs- oder Schrägparken eignen.
Durch solche Maßnahmen werden die Kapazitäten an der A 5 und an der A 8 in den kommenden drei Jahren wesentlich erhöht. Zusätzliche Stellplätze sind zudem bereits im kommenden Jahr an fünf Parkplätzen auf der A 8 (Pforzheim-Süd) und an der A 5 (Weidengrien, Blauenblick, Hardt und Galgenloch) geplant.
Aus Sicht von „Hellwach“-Sprecher Schäfer, ehemaliger Chef der
Mannheimer Verkehrspolizeidirektion, muss aber bei bundesweit 70 toten Berufskraftfahrern im vergangenen Jahr rascher gehandelt werden. Erforderlich sei generell mehr Wertschätzung für die „Kapitäne der Straße“. Das gelte für die Empfänger der Waren und die Kommunen gleichermaßen. In Gewerbegebieten müssten Lkw-Fahrer zumindest zur Toilette gehen können und dürfen. „Jeder will eine Lieferung, aber der, der sie bringt, wird menschenunwürdig behandelt“, bemängelt Schäfer.
Die Autobahngesellschaft setzt auch auf digitale Lösungen. So soll die Autobahn-App Fahrer über freie Stellplätze informieren. Ziel sei es, in den nächsten Jahren in einer ersten Stufe alle Tank- und Rastanlagen mit mehr als 70 Lkw-Stellplätzen an Autobahnen mit einstelliger Nummer mit einer digitalen Stellplatzerfassung auszurüsten. Im Idealfall könne mit Telematik-Verfahren bereits vorhandener Lkw-Parkraum um bis zu 50 Prozent vergrößert werden.