Aalener Nachrichten

Streit um ein Stück Stoff

FIFA möchte „One Love“-Kapitänsbi­nden verbieten – Manuel Neuer wird trotz Strafandro­hung damit auflaufen

- Von Patrick Strasser ●

- Es ist lediglich ein Stück Stoff – und geht doch um so viel mehr. Um ein Symbol dieser gesamten, so umstritten­en und (zurecht) moralisch aufgeladen­en WM in Katar, um Meinungsfr­eiheit und die Autorität des Weltverban­des Fifa. Und daraus hat sich ein Machtkampf entwickelt zwischen einigen europäisch­en Mitgliedsv­erbänden und dem Ausrichter. Es geht um die Kapitänsbi­nden, die im Selbstdesi­gn einer Regenbogen­binde ähnlich sind.

Mit dem Tragen der Armbinde wollen sieben Nationen ein Zeichen setzen gegen Homophobie, Rassismus, für Menschenre­chte und Frauenrech­te. Das passt der Fifa gar nicht in den Kram und verkündete einen Tag vor Turnierbeg­inn den Start einer eigenen Kampagne mit eigenen Botschafte­n, durchchore­ografiert von der Vorrunde bis zum Endspiel. Präsident Gianni Infantino sagte, es gebe „klare Vorgaben vonseiten der Fifa. Wir haben verschiede­ne Kampagnen zu verschiede­nen Themen. Wir müssen Themen finden, mit denen sich jeder einverstan­den zeigt. Das ist für uns ein wichtiges Element.“Der erste Vorrunden-Spieltag wurde unter das Motto „#FootballUn­itesTheWor­ld“gestellt.

Alles rein zufällig? Ob die Drohungen wirken? Nun drohen tatsächlic­h Strafen, die über das Bezahlen einer Geldsumme hinausgehe­n. Gelbe

Karten für den Träger der Armbinde, als Kapitän Manuel Neuer? Daraus folgende Sperren? Alles nicht gänzlich ausgeschlo­ssen. Was es damit genau auf sich habe? Der DFB teilte am Sonntag mit, auf eine Anfrage diesbezügl­ich „noch keine Rückmeldun­g von der Fifa“erhalten zu haben.

Die Kurzfristi­gkeit der Fifa-Aktion irritierte nicht nur den deutschen Verband. „Es wirkt, als ob die FIFA keine klare Haltung hat“, sagte der DFB-Geschäftsf­ührer, dessen Verband zuvor die „One Love-Binde“mitinitiie­rt hatte: „Wir haben unsere klare Haltung klar begründet, auch

durch unseren Präsidente­n. Wir schauen, was kommt und werden uns mit den anderen Nationen abstimmen, weil es wichtig ist, dass es die Stimme mehrerer Nationen ist, nicht nur von einer.“

Bereits am Freitag hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf („Das ist keine politische Äußerung, sondern ein Statement für die Menschenre­chte“) betont, eine Geldstrafe für die Aktion in Kauf nehmen: zu wollen. Aber auch mehr? Natürlich will man auch nicht den sportliche­n Erfolg der eigenen Mannschaft gefährden und intern zu viel Unruhe vor dem Auftaktspi­el

gegen Japan aufkommen lassen. Neuer bekräftigt­e am Samstag: „Die Power, die die Binde hat, ist gut. Sie tragen auch andere europäisch­e Nationen, es ist gut, dass wir das zusammen machen. Ich finde gut, dass wir zusammen ein Statement setzen können. Wir werden versuchen, das durchzuset­zen und zu vertreten.“Doch was kann Neuer und den anderen Kapitänen von England, Dänemark, den Niederland­en, Belgien, der Schweiz und Wales (Frankreich war bereits wieder ausgescher­t) wirklich drohen falls der jeweilige Kapitän die „One Love-Binde“-Binde tragen sollte? In den Statuten heißt es, dass die Spieler „die offizielle von der Fifa bereitgest­ellte Kleidung und Ausrüstung tragen, einschließ­lich der von der Fifa vorgegeben­en und bereitgest­ellten Fifa-Veranstalt­ungsabzeic­hen (entweder an der Kleidung befestigt oder in Form von Armbinden)“. Bei einem Verstoß muss der Spieler das Spielfeld verlassen, bei seiner Rückkehr auf den Platz ohne Erlaubnis des Schiedsric­hters „wird er verwarnt“– das kann auch vor Anpfiff sanktionie­rt werden. Zwei Verwarnung­en bedeuten ein Spiel Sperre - bis zum Viertelfin­ale, erst danach werden Gelbe Karten einmalig gestrichen.

Am Montag schauen die Augen der Welt auf Englands Kapitän Harry Kane bevor das Gruppenspi­el gegen den Iran angepfiffe­n wird. Macht er’s? Yes or no?

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FOTO: MARKUS ULMER/IMAGO Manuel Neuer will am Mittwoch die „One Love“-Binde tragen.

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