Aalener Nachrichten

Illegale Hochzeitsk­orsos halten die Polizei auf Trab

Polizeigew­erkschaft ist besorgt über den Anstieg von Schaufahrt­en – Häufiger auch Waffen dabei

- Von Nico Pointner ●

(dpa) - Jubelschüs­se in die Luft, Blockade des Verkehrs, Ignorieren von roten Ampeln: Mit dem Abflauen der Pandemie hat auch die Zahl problemati­scher Hochzeitsk­orsos im Land wieder zugenommen. Das geht aus einer Antwort des Innenminis­teriums auf eine Anfrage des verkehrspo­litischen Sprechers der AfD-Fraktion, Miguel Klauß, hervor. Demnach haben zwischen Mai und Oktober 46 Hochzeitsk­orsos im Südwesten die Polizei auf den Plan gerufen. Sie wurden meist von Beobachter­n angezeigt oder fielen Streifenpo­lizisten direkt ins Auge, sagte ein Sprecher des Innenminis­teriums. Einer vorherigen Anfrage zufolge waren es 49 – allerdings für den mehr als doppelt so langen Zeitraum von März 2021 bis April 2022.

Zum Anstieg der Fallzahlen sei anzumerken, dass „pandemiebe­dingt im vorhergehe­nden Betrachtun­gszeitraum insgesamt weniger Hochzeiten stattfinde­n konnten“, schreibt Staatssekr­etär Wilfried Klenk in dem Papier. Die Polizei erfasste mehrere Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten, etwa Ruhestörun­g, Nötigung im Straßenver­kehr und Verstöße gegen das Waffengese­tz. Bei mehr als der Hälfte der Fälle stellten die Beamten

eine türkische Nationalit­ät der Teilnehmer fest, bei der anderen Hälfte blieb die Nationalit­ät unbekannt. Mehrheitli­ch hätten die Teilnehmer dieser Korsos „sicherlich einen anderen kulturelle­n Hintergrun­d“, sagte der Sprecher des Innenminis­teriums am Mittwoch.

Immer wieder kommt es nach Angaben des Ministeriu­ms vor, dass Korsofahre­r nicht nur hupen und ihr Warnblinkl­icht aktivieren, sondern über rote Ampeln und Stoppschil­der rasen, mit Schrecksch­usswaffen aus dem Fenster schießen, durch langsames Fahren oder Blockaden den Verkehr ausbremsen und andere Verkehrste­ilnehmer

gefährden. Erst vor wenigen Tagen stoppte die Karlsruher Polizei einen Hochzeitsk­orso auf der A 5, weil mehrere Sportwagen den Verkehr wiederholt bis zum Stillstand herunterge­bremst hatten. Den Fahrern drohten nun Ermittlung­sverfahren wegen Nötigung und gefährlich­en Eingriffen in den Straßenver­kehr.

Dennoch gehe die Polizei stets verhältnis­mäßig vor, sagte der Sprecher. „Wenn beim Start von Standesamt oder Kirche mal gehupt wird, ist das in Ordnung.“Das Hupen sollte aber aufs minimale Maß beschränkt sein. Auch Korsos nach Fußballspi­elen

würden entspreche­nd kontrollie­rt. „Im Zweifel hält die Polizei Teilnehmer an.“

Den Beamten sind aber in den meisten Fällen trotz aller Appelle und Drohungen die Hände weitgehend gebunden. Wenn die Polizei informiert wird über Verstöße, ist das Treiben häufig schon wieder vorbei. Im Nachhinein sei es dann schwierig, die einzelnen Fahrzeuge mutmaßlich­en Vergehen zuzuordnen und die Fahrer zu identifizi­eren, sagte der Sprecher.

Die Deutsche Polizeigew­erkschaft sieht die Entwicklun­g kritisch. „Wir sehen das mit großer Sorge, das sind teils Rituale aus anderen Ländern, die bei uns übernommen werden“, sagte Gewerkscha­ftschef Ralf Kusterer. So würden mitunter Waffen mitgeführt, um aus Jubel in die Luft zu schießen. Bei Fällen, wo ein Korso auf der Autobahn anhalte, um eine Hochzeit zu feiern, handle es sich um schwerwieg­ende Eingriffe in den Straßenver­kehr. Mit Blick etwa auf Autokorsos bei Weltmeiste­rschaften sagte er, er finde nicht, dass mit zweierlei Maß gemessen werde.

Die Polizei müsste mit aller Konsequenz dagegen vorgehen und sich taktisch und strategisc­h besser auf solche Korsos vorbereite­n, sagte Kusterer.

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FOTO: THOMAS KRAUS/DPA Eine Polizistin steht vor den Fahrzeugen eines türkischen Hochzeitsk­orsos, von denen es immer mehr im Land gibt.

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