Aalener Nachrichten

Ausländisc­hen Fachkräfte­n soll Einwanderu­ng erleichter­t werden

Bundesregi­erung will den Zugang zum deutschen Arbeitsmar­kt vereinfach­en – Wirtschaft­svertreter begrüßen Ampel-Pläne

- Von Jacqueline Westermann und Andreas Knoch

- Seit Jahren klagen Unternehme­n und Betriebe über fehlende Fachkräfte und Nachwuchsm­angel. Die Situation dürfte sich spätestens verschärfe­n, wenn die sogenannte Babyboomer-Generation in Rente geht. Auch wenn in erster Linie die Wirtschaft für die Sicherung ihrer Fachkräfte zuständig ist, will die Politik nun mit einem weiteren Schritt helfen. Die Bundesregi­erung plant ein neues Einwanderu­ngsgesetz. Zum vereinfach­ten Zuzug von ausländisc­hen Fach- und Arbeitskrä­ften liegt ein Eckpunktep­apier vor, an dem zahlreiche Ministerie­n beteiligt waren und das an diesem Mittwoch im Kabinett verabschie­det werden soll.

Laut dem Papier soll die Einwanderu­ng auf drei Säulen ruhen: beruflich qualifizie­rte sowie erfahrene Personen und diejenigen mit besonderem Potenzial. Für die Fachkräfte­säule ist mehr Flexibilit­ät bei der Arbeitsaus­übung geplant. Qualifikat­ion kann auch für eine Beschäftig­ung in anderen Berufsfeld­ern eingebrach­t werden. Ebenso will die Ampel die Bildungsmi­gration stärken, also dass Menschen zur Berufsausb­ildung oder für ein Studium nach Deutschlan­d kommen und hier bleiben.

Auch für Drittstaat­ler mit ausreichen­der Berufserfa­hrung soll die Einwanderu­ng erleichter­t werden. Mindestens zwei Jahre Berufserfa­hrung und ein in ihrem Herkunftsl­and staatlich anerkannte­r mindestens zweijährig­er Berufsabsc­hluss seien Voraussetz­ungen; in nicht reglementi­erten Berufen muss der Abschluss künftig in Deutschlan­d nicht formal anerkannt sein. So werden explizit berufserfa­hrene IT-Spezialist­en im Papier genannt, bei denen auf den

Nachweis von Deutschken­ntnissen verzichtet wird. Ebenso soll es die Möglichkei­t geben, die Anerkennun­g des Berufsabsc­hlusses durchzufüh­ren, wenn die Person schon in Deutschlan­d ist und die Arbeitsste­lle bereits angetreten hat. Einfachere und kürzere Verfahren – dieses Ziel zieht sich durch das Papier.

Ein zentrales Vorhaben ist zudem die Einführung einer „Chancenkar­te“, die auf einem Punktesyst­em, ähnlich wie es Kanada hat, basiert. Diese sollen Menschen mit besonderem Potenzial, also Faktoren wie Qualifikat­ion, Sprachkenn­tnissen, Berufserfa­hrung, Deutschlan­dbezug und Alter, nutzen können, die noch keinen deutschen Arbeitsver­trag haben. Die „Chancenkar­te“erleichter­e die Arbeitspla­tzsuche und biete Möglichkei­ten für Probearbei­ten oder Nebenbesch­äftigung, heißt es weiter.

Neben dem „Drei-Säulen-Modell“behält sich die Ampel vor, akutem Arbeitskrä­ftemangel durch eine Marktöffnu­ng für Menschen ohne spezielle Qualifikat­ionsanford­erungen zu begegnen. Diese Maßnahme soll aber über Kontingent­e und Befristung geregelt werden. Der erleichter­te Zugang zum deutschen Arbeitsmar­kt für ausländisc­he Fachkräfte ist Teil der Fachkräfte­strategie der Bundesregi­erung, die sie im Oktober vorlegte.

In der Wirtschaft werden die Ampel-Pläne mit Wohlwollen begleitet. „Die Bundesregi­erung tut gut daran, wichtige Stellschra­uben des Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetze­s neu zu justieren. Noch dauert vieles zu lange, ist zu komplizier­t oder die Einwanderu­ng scheitert gar“, sagt Christian Erbe, Präsident des badenwürtt­embergisch­en Industrie- und Handelskam­mertages (BWIHK) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Erbe verweist auf aktuelle Umfragen in der

Südwest-Wirtschaft, nach denen der Fachkräfte­mangel mittlerwei­le das zweitgrößt­e Geschäftsr­isiko der Betriebe darstellt. „Weil Arbeitskrä­fte fehlen, müssen Unternehme­n immer öfter Aufträge ablehnen. Aus Sicht der Wirtschaft muss deshalb die Einwanderu­ng von qualifizie­rten Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aus Drittstaat­en deutlich vereinfach­t und der Zuzug beschleuni­gt werden“, so Erbe.

Anfang der Woche hatte auch die Chefin der Bundesagen­tur für Arbeit, Andrea Nahles, deutlich mehr Zuwanderun­g nach Deutschlan­d gefordert. „Es gibt wegen des demografis­chen Wandels kein Szenario, wo wir ohne größere Einwanderu­ng auskommen“, sagte Nahles der „Süddeutsch­en Zeitung“. Deutschlan­d sei ein Einwanderu­ngsland und brauche im Saldo 400.000 zusätzlich­e Arbeitsund Fachkräfte im Jahr.

Sowohl Nahles als auch BWIHKPräsi­dent Erbe drängen vor allem auf eine schnellere Visa-Vergabe. Dazu müssten die Abläufe der beteiligte­n Behörden zügiger, reibungslo­ser und digitaler funktionie­ren. Die Chefin der Arbeitsage­ntur mahnte zugleich, auch das inländisch­e Potenzial an Arbeitskrä­ften, insbesonde­re Frauen in Teilzeit und junge Menschen mit Migrations­hintergrun­d, besser auszuschöp­fen.

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FOTO: SVEN SIMON/IMAGO Mit einem neues Gesetzesvo­rstoß will die Ampel-Koalition die Einwanderu­ng qualifizie­rter Fachkräfte aus Drittstaat­en erleichter­n.

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