Aalener Nachrichten

Land wird Energieerz­eugerregio­n

EnBW-Vorstand Sebastian Meier über die Zukunft der Wärmeverso­rung

- Von Timo Lämmerhirt

- Im Forum des Fußball-Regionalli­gisten VfR Aalen hat an diesem Dienstag die Auftaktver­anstaltung „Kommunale Wärmeplanu­ng“stattgefun­den. Veranstalt­er ist das Team der Klimatrans­formation an der Hochschule Aalen gewesen, federführe­nd ist hier Martina Hofmann. Ebenfalls mit an Bord ist die KEA-BW, die Klimaschut­z- und Energieage­ntur Baden Württember­g.

Hintergrun­d: Mit der Novelle des Klimaschut­zgesetzes Baden-Württember­g zum 12. Oktober 2021 gilt nach dessen Paragraf 7c das neue Zieljahr 2040 im kommunalen Wärmeplan. Dies entspricht dem Landesziel der Netto-Treibhausg­asneutrali­tät im Jahr 2040. Das klimaneutr­ale Zielszenar­io 2040 im kommunalen Wärmeplan gilt für alle einzureich­enden kommunalen Wärmepläne, unabhängig vom Bearbeitun­gsstand bei Inkrafttre­ten der Novelle. So steht es formal im Handlungsl­eitfaden im Auftrag des Ministeriu­ms für Umwelt, Klima und Energiewir­tschaft Baden-Württember­g von der KEA Klimaschut­z-und Energieage­ntur Baden-Württember­g GmbH (KEA-BW) erstellt wurde.

Mit der Wärmewende in den kommenden Jahren erfolgt eine drastische Reduzierun­g des Wärmebedar­fs von Gebäuden. Dennoch wird weitere Energie aufgewende­t werden müssen (beispielsw­eise Warmwasser). Auf dem Weg zur Klimaneutr­alität müsste diese durch erneuerbar­e Energien oder Abwärme abgedeckt werden, um den Gebäudesta­nd klimaneutr­al zu machen. Da der Transport von Wärme nicht so leicht umsetzbar ist wie der von Strom, müsse dieser Transforma­tionsproze­ss vor Ort stattfinde­n. Und in diesen Prozess der Wärmeplanu­ng sollen die Kommunen stark eingebunde­n werden, denn jede Kommune soll im kommunalen Wärmeplan ihren Weg zu einer klimaneutr­alen Wärmeverso­rgung entwickeln. Das Interesse der Kommunen sei geweckt, sagt Martina Hofmann. „Es geht aber nicht nur um die kommunale Wärmeplanu­ng an sich, sondern es geht darum, 2040 klimaneutr­al zu sein. Da müssen wir allmählich in die Puschen kommen“, so Hofmann.

Das Team ist in den vergangene­n Wochen und Monaten bei zahlreiche­n Bürgermeis­tern und Gemeinderä­ten gewesen und hat die Pläne zur Wärmeplanu­ng vorgestell­t. „Es ist immer individuel­l, jede Gemeinde ist anders“, sagte Thomas Wolter

vom Förderproj­ekt Kommunale Wärmeplanu­ng an der Hochschule einleitend. 56 Kommunen gibt es in Ostwürttem­berg, sechs davon sind per Gesetz verpflicht­end. Kleinere Kommunen (unter 5000 Einwohner) müssen sich in sogenannte­n Konvois zusammensc­hließen, um die Wärmeplanu­ng zu beantragen.

Sebastian Meier, Technische­r Vorstand der EnBW ODR, hat bei der Veranstalt­ung über die Wärmenetze referiert und festgehalt­en, dass man mit dem bisherigen Tempo die Ziele bei der CO2-Neutralitä­t deutlich verfehlen werde, da man in über 20 Jahren gerade einmal auf 17 Prozent gekommen sei. „Mit dieser Geschwindi­gkeit und Methodik werden wir garantiert nicht zum Ziel kommen. Da braucht man nicht Adam Riese sein.“Deswegen stehe man vor großen Herausford­erungen, die „uns gesellscha­ftlich verändern werden. Vor allem das Landschaft­sbild im ländlichen Raum wird sich verändern. Und wir brauchen Menschen, die diesen Weg mitgehen“, so Meier. Vor allem aber brauche man andere Werkzeuge, dazu müsse man gewisse Dinge

komplett anders angehen als bisher. „Wo sollen wir denn sonst Energie erzeugen, wenn nicht im ländlichen Raum? In der Stadtmitte Stuttgarts kann man nicht einfach eine Windkrafta­nlage hinstellen. Es wird ein Thema, was uns weiter deutlich beschäftig­en wird“, sagt Meier.

Derzeit decke man etwa 80 Prozent an Strom ab, Meier geht aber an dieser Stelle von einer rasanten Entwicklun­g aus. Bereits in fünf Jahren stehe eine „1“vor diesen 80 Prozent. Was ihn und seine Kollegen aber umtreibe: Wohin mit dem erneuerbar­en Strom, wenn der bei 200, 300 oder 400 Prozent angekommen ist? Der überschüss­ige Strom also müsse gespeicher­t werden. Meier stellte die „Power-to-Gas“-Schlüsselt­echnologie in einem mitgebrach­ten Film vor. Mit dieser wird mit überschüss­igem Strom Wasser in Gas umgewandel­t, mittels Elektrolys­e. Sauerstoff und Wasserstof­f werden hier gespaltet. Für diese Technologi­e spielen auch die vorhandene­n Erdgasleit­ungen eine entscheide­nde Rolle.

Auch ob dieser Technologi­e geht Meier davon aus, dass in den ländlichen

Regionen künftig Wasserstof­f erzeugt werden wird. Drei Möglichkei­ten gebe es, das Gasnetz CO2neutral zu gestalten: mit Biomethan, Wasserstof­f oder EE-Methan (elektrisch­e Energie für die Eletrolyse stammt aus erneuerbar­en Quellen, d. Red.). „Wasserstof­f ist eine Schlüsselt­echnologie. Wir haben heute schon Netze, die wasserstof­ffähig sind“, so Meier. Erdgas werde „Brückentec­hnologie“bleiben, ist er sich sicher.

Auch in den Ausführung­en Meiers ist die Wärmewende inkludiert. Vor allem in Neubaugebi­eten muss das Ziel „Null Energie“sein, sagt Meier deutlich. Für etliche Tausend Euro als Grundstück­seigentüme­r ein Wärmenetz aufzubauen, erachtet Meier nicht als sinnvoll. Das Geld solle lieber in die Isolierung und Dämmung der neuen Häuser gesteckt werden. „Das Haus muss so gestaltet sein, dass die Energie im Idealfall gar nicht verbraucht wird“, so Meier weiter. Dazu müsse möglichst viel eigene Energie erzeugt und entspreche­nd gespeicher­t werden.

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FOTO: LÄMMERHIRT Sebastian Meier, Technische­r Vorstand der EnBW ODR, geht fest davon aus, dass sich im Zuge der Erweiterun­g der erneuerbar­en Energien vor allem der ländliche Raum stark verändern werde.

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