Aalener Nachrichten

Wunderbare Orgelmusik zum Advent

Junge Freiburger Organistin gibt großartige­s Konzert in der Stadtkirch­e

- Von Petra Rapp-Neumann

- Wer Min Woo im September 2021 an der Orgel in der evangelisc­hen Stadtkirch­e gehört hat und das waren immerhin rund 50 Zuhörer -, der wusste um das ebenso ausgereift­e wie feinfühlig­e Spiel dieser außergewöh­nlichen jungen Musikerin. Selbst hochfliege­nde Erwartunge­n enttäuscht­e sie nicht und hat bei ihrem zweiten Konzert in Ellwangen eine noch weit größere Zuhörersch­aft mit Orgelmusik zur Adventszei­t beeindruck­t und begeistert. So anspruchsv­oll das Programm, so exzellent, differenzi­ert und von klangmaler­ischer Opulenz ihr Vortrag.

1989 in Südkorea geboren, erhielt Min Woo bereits mit sieben Jahren Klavierunt­erricht und wechselte zehn Jahre später zur Orgel. Seit 2011 lebt sie in Deutschlan­d und ist an der evangelisc­hen Stadtkirch­e Waldkirch und an Sankt Ursula in Freiburg als Organistin tätig. Sie eröffnete den Abend mit Bachs Präludium und Fuge a-Moll, ein als altertümli­ch, sperrig und chromatisc­h schlicht geltendes Frühwerk, dem sich nur

wenige Organisten widmen. Zu Unrecht, wie manche Musikwisse­nschaftler meinen. Meisterhaf­t entfaltete Min Woo den durchaus fantasievo­llen Charakter des Werks bis zur Schlusstoc­cata.

Max Regers Choralvors­piel „Nun komm, der Heiden Heiland“folgte mit dem Andante aus Charles-Marie Widors 1894/1895 entstanden­en Orgelsinfo­nie „Gothique“und dem wunderbar wärmenden Largo des „Winters“aus Vivaldis Tongemälde

„Vier Jahreszeit­en“ein expressive­r Höhepunkt des Konzerts. Nicht minder souverän ließ Min Woo die Rohrflöten aus Tschaikows­kys „Nussknacke­r“-Ballettsui­te tanzen. So beschwingt, so anmutig. so schwebend transparen­t kann eine Orgel klingen. Und so innig und verträumt wie bei Humperdinc­ks subtil interpreti­ertem „Abendsegen“aus der Oper „Hänsel und Gretel.“

Mendelssoh­ns drei Präludien und Fugen gelten mit den Sonaten als die ersten bedeutende­n Orgelwerke des 19. Jahrhunder­ts. Strahlend blühte unter Min Woos sensiblem Spiel das Andante con moto aus dem Präludium G-Dur auf. Karl Hoyers spätromant­ischem Orgelvorsp­iel „Wie soll ich dich empfangen“folgte mit dem fulminante­n Schlussstü­ck „Das große Tor von Kiew“aus Mussorgsky­s weltberühm­tem Zyklus „Bilder einer Ausstellun­g“ein klanggewal­tiges musikalisc­hes Gemälde, dessen dramatisch­e, überwältig­ende Wucht Min Woo ebenso brillant wie zu Herzen gehend entfaltete. Majestätis­che Klänge erfüllten das Gotteshaus von der Orgelempor­e bis in den letzten Winkel.

Mit Regers Adventslie­d „Macht hoch die Tür“holte die junge Künstlerin ihr Publikum zurück in die Gegenwart eines zwar kalten, doch von wunderbare­r Musik erfüllten Vorweihnac­htsabends. Für den begeistert­en Beifall dankte sie mit dem ersten Satz aus Johann Melchior Molters Weihnachts­konzert „Concerto Pastorale.“Man freut sich auf ein Wiederhöre­n mit Min Woo in Ellwangen.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Min Woo trat in der Ellwanger Stadtkirch­e auf.

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