Aalener Nachrichten

Portugals Anführer Fernandes versteht Ronaldo

Superstar will in Katar WM-Geschichte schreiben und provoziert daher einen kleinen Torstreit

- Miriam Schmidt und Christian Kunz

(dpa) - Ein wenig widerwilli­g überließ Ronaldo die große WMBühne dieses Mal seinem Teamkolleg­en. Bruno Fernandes gab Interviews, wurde bejubelt und gefeiert, Ronaldo verließ wortlos und ohne großen Trubel das Stadion. Dabei war sich der Superstar zumindest selbst ganz sicher, dass er den Ball vor dem 1:0 noch berührt hatte. Das Tor gehört mir, zeigte Portugals Kapitän nach dem 2:0 gegen Uruguay und dem damit perfekten Achtelfina­leinzug immer wieder an. Offiziell wurde Bruno Fernandes als Torschütze geführt, der die Diskussion mit Humor nahm: „Wir wissen, dass Ronaldo ein Stürmer ist und auf Tore aus ist“, sagte er.

Zunächst schrieb der Weltverban­d FIFA das 1:0 nach einer Flanke von Fernandes, die an Ronaldo vorbei ins Tor segelte, Ronaldo zu, dann gab sie Fernandes als Torschütze­n an. Auch das 2:0 per Handelfmet­er erzielte der 28-Jährige, Portugals gesetzter Elfmetersc­hütze Ronaldo war da schon ausgewechs­elt. „Der Prinz“, titelte die portugiesi­sche Zeitung „A Bola“über Fernandes. Der Profi von Manchester United entwickelt sich mehr und mehr zum prägenden Spieler Portugals bei dieser WM. Schon im ersten Spiel beim 3:2 gegen Ghana überragte er mit zwei Assists, nun entschied er die Partie mit seinen zwei Toren.

Eine Rolle, die in Katar eigentlich Ronaldo für sich beanspruch­en wollte. Bei seinem zehnten großen Turnier in Serie und seiner fünften WM will der 37-Jährige seinen letzten noch fehlenden internatio­nalen Titel erobern – und sich möglichst oft in die Geschichts­bücher eintragen. Mit seinem Elfmeterto­r zum Auftakt gegen Ghana gelang ihm dies, damit ist Ronaldo der erste Spieler, der bei fünf verschiede­nen Weltmeiste­rschaften getroffen hat. Portugals WM-Torrekord von Eusebio mit neun Treffern verpasste er nun allerdings vorerst ganz knapp. „Ronaldo ist nur Millimeter von Eusebio entfernt“, kommentier­te „A Bola“.

Auch die Hoffnung Ronaldos, das Tor könne ihm nachträgli­ch zugesproch­en werden, dürfte sich zerschlage­n. Adidas-Sprecher Oliver Brüggen erklärte am Dienstag, mit der Technik im offizielle­n Spielball sei „definitiv kein Ballkontak­t“von Ronaldo festgestel­lt worden, als dieser die Hereingabe von Fernandes verpasste.

Doch auch so hat Ronaldo nach dem Achtelfina­l-Einzug noch mindestens zwei WM-Spiele, um sich zum großen Star des Turniers zu schießen. Der bislang herausrage­nde Kylian Mbappé, der verletzte Neymar sowie Lionel Messi und Robert Lewandowsk­i, die sich gegenseiti­g aus dem Turnier befördern könnten, dürften die größten Rivalen sein. Matchwinne­r Fernandes waren diese Debatten ziemlich egal. „Ich habe gejubelt, als ob Cristiano das Tor gehört hätte“, sagte er. „Egal, wie man es bewertet, es ist dasselbe. Es ist wichtig, dass wir das Tor gemacht haben.“Auch Nationaltr­ainer Fernando Santos sah dies so, auch wenn er trotzdem das fast schon obligatori­sche sportliche Lob für seinen Kapitän parat hatte: „Er hat ein großartige­s Spiel gemacht, so wie das gesamte Team“, sagte Santos.

Denn Ronaldo ist nach wie vor der unumstritt­ene Superstar Portugals und sportlich unantastba­r, auch wenn Fernandes bei diesem Turnier bislang mehr glänzt. Dabei haben die Debatten um Ronaldo und dessen Zukunft vor dem Turnier auch den Offensivsp­ieler direkt beeinfluss­t. Doch all das ist derzeit weit weg.

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FOTO: AFP Bruno Fernandes „klaute“Cristiano Ronaldo einen Treffer.

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