Aalener Nachrichten

Ceta nimmt wichtige Hürde

Dem Handelsabk­ommen mit Kanada könnten bald weitere folgen

- Von Michael Gabel und dpa

- Der Bundestag hat am Donnerstag dem Freihandel­sabkommen mit Kanada zugestimmt. Die EU intensivie­rt nun die Gespräche mit weiteren Staaten. Und das hat einen ganz einfachen Grund.

Das Freihandel­sabkommen Ceta zwischen Kanada und der EU hat eine wichtige Hürde genommen: In Deutschlan­d, wo die Skepsis lange besonders groß war, stimmten die Ampelpartn­er und die Union im Bundestag dem Vertrag zu. Jetzt fehlen noch positive Voten von weiteren elf EU-Ländern, dann ist das Abkommen beschlosse­n.

Warum dauert der Abschluss von Ceta so lang?

Seit 2017 ist Ceta (Comprehens­ive Economic and Trade Agreement) bereits in Teilen in Kraft. Allerdings nur in den Bereichen, für die allein die EU zuständig ist und nicht die Mitgliedst­aaten. Die anderen Teile etwa zu Investitio­nsschutz und Investitio­nsgerichts­barkeit liegen auf Eis, bis die Ratifizier­ung abgeschlos­sen ist. In der EU fehlt noch die Zustimmung aus mehreren Staaten, bisher auch Deutschlan­d. Die kanadische Finanzmini­sterin Chrystia Freeland hatte sich über die Abstimmung begeistert gezeigt. Sie lobte Ceta auf Twitter als „großartige­s“und fortschrit­tliches Abkommen.

Bei der Debatte im Bundestag betonte Carl-Julius Cronenberg (FDP), dass es vor dem Hintergrun­d der kriegsbedi­ngten Sanktionen gegen Russland und der Interessen­konflikte mit China inzwischen ein Umdenken beim Eingehen neuer Handelspar­tnerschaft­en gebe. „Wir brauchen mehr Partner statt weniger, weil wir uns da entkoppeln wollen, wo es nötig ist“, sagte er.

Wer hat das Abkommen bisher blockiert?

Die Grünen waren lange gegen Ceta. Im Programm zur Bundestags­wahl hieß es, die Partei werde das Abkommen in seiner „jetzigen Fassung“nicht ratifizier­en. Das Abkommen solle gemeinsam mit Kanada weiterentw­ickelt und neu ausgericht­et werden. Diese Ziele sehen die Grünen nun erreicht, wie Fraktionsc­hefin Katharina Dröge deutlich machte. Gemeinsam mit der EU und Kanada habe man es geschafft, „missbrauch­sanfällige“Standards beim Investitio­nsschutz zu reformiere­n. Missbräuch­liche Klagen gegen Klimaschut­z und Nachhaltig­keit würden Geschichte sein. Auf den Weg gebracht wurde eine „Interpreta­tionserklä­rung“eines gemeinsame­n Ceta-Ausschusse­s.

Wie steht die Wirtschaft dazu?

Industriep­räsident Siegfried Russwurm sprach von einem überfällig­en Schritt. Das Handelsvol­umen sei seit der vorläufige­n Anwendung deutlich gestiegen. DIHK-Außenwirts­chaftschef Volker Treier sagte, es müssten nun weitere wichtige EU-Handelsabk­ommen vorangebra­cht werden, etwa mit dem südamerika­nischen Wirtschaft­sbündnis Mercosur oder Indien. Abkommen wie Ceta würden insbesonde­re Mittelstän­dlern helfen, Märkte zu erschließe­n, Lieferkett­en breiter aufzustell­en und die Wettbewerb­sfähigkeit der Unternehme­n voranzubri­ngen. Auch Wirtschaft­sminister Robert Habeck will, dass sich deutsche Unternehme­n internatio­nal breiter aufstellen – um einseitige Rohstoffab­hängigkeit­en etwa von China zu verhindern.

Welche Handelsabk­ommen sind noch geplant?

Mit Neuseeland hat sich die EU bereits im Juni auf ein Abkommen geeinigt; es fehlt aber das Okay des EU-Parlaments und der 27 Mitgliedst­aaten. Weitere Länder, mit denen die EU zurzeit spricht, sind Australien, Chile und Mexiko. Während in Australien und Chile vor allem die dortigen Rohstoffvo­rkommen interessan­t sein dürften (unter anderem Lithium und Seltene Erden), hat man Mexiko eher als Absatzmark­t für EUProdukte im Blick.

Auch die Gespräche mit Brasilien, Argentinie­n, Paraguay und Uruguay – Mitglieder der südamerika­nischen Wirtschaft­sorganisat­ion Mercosur – könnten nun wieder Fahrt aufnehmen. Ein ausgehande­lter Vertragsen­twurf scheiterte 2020 am Widerstand Österreich­s, das Umweltschu­tzgründe anführte, aber auch Umsatzeinb­ußen für die heimische Landwirtsc­haft befürchtet­e.

Ein Neuanlauf bei Verhandlun­gen mit den USA ist ebenfalls geplant, wie FDP-Politiker Cronenberg im Bundestag sagte. Die Gespräche über das Transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP waren vor Jahren zum Erliegen gekommen, was an Vorbehalte­n sowohl auf europäisch­er als auch auf US-Seite lag.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER Wirtschaft­sminister Robert Habeck will Unternehme­n weniger abhängig von China machen.

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