Aalener Nachrichten

Diese Reform ist längst überfällig

- ● Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Krankenhäu­ser sind dazu da, kranken Menschen, ob klein oder groß, zu helfen. Doch was tun, wenn das System selbst krank ist? Dass in den Kliniken hierzuland­e etwas schiefläuf­t, ist nicht erst seit dem Engpass auf Kinderstat­ionen offenkundi­g. Die Krankenhäu­ser selbst, auch in Baden-Württember­g, klagen nahezu chronisch über Unterfinan­zierung. Die Pflegerinn­en und Pfleger in vielen Häusern sind frustriert, weil die Arbeitsbel­astung zu hoch und die Zeit für den Patienten zu kurz ist. Für Angehörige ist es schwer zu ertragen, wenn sie erleben, dass für ihre Kinder oder die chronisch kranken Eltern kein guter Platz in diesem Gesundheit­ssystem ist. All das sind Gründe, warum eine Reform der Krankenhau­sfinanzier­ung längst überfällig ist.

Das Fallpausch­alensystem, das vor knapp 20 Jahren mit dem Ziel, Kosten zu dämpfen, eingeführt wurde, hat mit der Zeit fatale Nebenwirku­ngen entfaltet. Die Gewinnorie­ntierung rückte zunehmend in den Vordergrun­d. Wenig planbare Abteilunge­n wie die Geburtshil­fe und Kinderstat­ionen sind aber für Krankenhau­sbetreiber finanziell nicht sehr lukrativ. Auf der anderen Seite werden Operatione­n und Behandlung­en gemacht, auf die der Arzt vielleicht verzichten würde, wenn es um sein eigenes Knie geht. Dabei ist es nicht so, dass die medizinisc­he Versorgung in Deutschlan­d, auch im Vergleich zu anderen Ländern, schlecht wäre. Doch mit Blick auf das Geld, das im System ist, könnte sie besser sein.

Gesundheit­sminister Karl Lauterbach sprach von einer „Revolution“, als er seine Pläne vorstellte. Das klingt zwar überheblic­h, aber in der Praxis würde sich einiges verändern, und zwar zum Guten, wenn er erfolgreic­h wäre. Die wohnortnah­en Kliniken im ländlichen Raum, über deren Notwendigk­eit so viel gestritten wird, hätten eine sichere Finanzieru­ngsbasis – ohne Behandlung­en vorzunehme­n, die besser Spezialist­en machen sollten. Auch in den großen Häusern würde der Druck rausgenomm­en, mit möglichst vielen Fällen Gewinn zu erwirtscha­ften, wenn Qualität und Können besser honoriert würden. Im Bestfall hätte auch das Pflegepers­onal, das landauf, landab fehlt, wieder mehr Freude an der Arbeit. Lauterbach hat allerdings noch viele dicke Bretter vor sich. Vor allem die Länder, die für Klinik-Investitio­nen verantwort­lich sind, muss er auf seine Seite ziehen. Glückt ihm dies nicht, könnte seine Revolution zum Reförmchen verkümmern.

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