Ein Prinz auf Partnersuche
Wegen des zerütteten Verhältnisses zu USA sucht Saudi-Arabiens Kronprinz jetzt die Nähe zu China und Xi
- Auf den ersten Blick läuft alles gut für Mohammed bin Salman. An diesem Mittwoch empfängt der saudische Thronfolger den chinesischen Staatschef Xi Jinping bei dessen erstem Besuch in SaudiArabien seit fast sieben Jahren – eine politische Aufwertung für MBS, wie der Kronprinz genannt wird. Doch mit einem anderen wichtigen Partner hat sich MBS überworfen: Die zerrütteten Beziehungen zu den USA dürften sich auf absehbare Zeit nicht mehr erholen. Trotz der Annäherung an China braucht der Prinz die Amerikaner.
Der Ruf von MBS ist bei vielen amerikanischen Politikern ruiniert. Seine Verwicklung in den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 und seine als feindselig empfundene Ölpreispolitik haben ihn unbeliebt gemacht. Die US-Regierung gewährte ihm wegen seiner Funktion als saudischer Ministerpräsident kürzlich Immunität vor Strafverfolgung im Zusammenhang mit dem Khashoggi-Mord.
Präsident Joe Biden, der vor seinem Amtsantritt zu den schärfsten Gegnern von MBS gehörte, investierte im Sommer viel politisches Kapital, indem er nach Saudi-Arabien flog, um den Prinzen um eine Ausweitung der Ölproduktion zu bitten.
Biden entschied sich für die Reise, die wie ein Gang nach Canossa aussah, weil er befürchtete, hohe Spritpreise könnten seiner Demokratischen Partei bei den Kongresswahlen im November schaden. Nach USAngaben sagte der Prinz zu, mehr Öl fördern zu lassen, um die Preise zu senken. Doch dann tat er das Gegenteil. Er vereinbarte mit anderen Produzenten, darunter Russland, die Ölproduktion zu drosseln. Das hat ihm Biden nicht vergessen.
Falls MBS gehofft haben sollte, dass Biden bei den November-Wahlen durch Zugewinne der Republikaner entscheidend geschwächt würde,
hat er sich verrechnet. Die Demokraten haben die Kontrolle über den Senat behalten, und im Repräsentantenhaus haben die Republikaner nur eine dünne Mehrheit. Selbst wenn beide Seiten die jüngsten Irritationen wegen des Ölpreises überwinden können, ist eine Rückkehr zu der engen saudisch-amerikanischen Partnerschaft der vergangenen Jahrzehnte unwahrscheinlich.
Der am Mittwoch beginnende Besuch von Xi in Saudi-Arabien – die erste Visite des chinesischen Präsidenten seit Januar 2016 – ist die Antwort auf die missratene Visite von Biden im Sommer. Saudische Staatsmedien
berichten, bei Xis Besuch sollten Wirtschaftsvereinbarungen im Gesamtvolumen von mehr als 25 Milliarden Euro unterzeichnet werden. Medienberichten zufolge bereitet MBS einen glanzvollen Empfang für Xi vor.
Ein Höhepunkt dabei soll das erste arabisch-chinesische Gipfeltreffen am Freitag sein. Anders als die USA, die sich auf der arabischen Halbinsel von „ideologischer Voreingenommenheit“leiten ließen, setze China auf „gegenseitigen Respekt“, kommentierte die staatliche Zeitung „China Daily“. Xi und seine Delegation dürften Dutzende Vereinbarungen mit den Saudis und anderen arabischen Partnern unterzeichnen. Beim großen Projekt von MBS – dem Umbau Saudi-Arabiens von einem Öl- zu einem HightechStaat – sind die Chinesen als Investoren willkommen.
MBS kann jedoch nicht einfach die USA als wichtigsten Partner durch China ersetzen. Amerika unterhält große Militärstützpunkte in der Golf-Region, die als Abschreckung gegen iranische Angriffe dienen. Die USA betrachten den Ausbau des chinesischen Einflusses in arabischen Staaten mit Misstrauen und bewogen die Vereinigten Arabischen Emirate im vergangenen Jahr dazu, ein chinesisches Hafenbauprojekt zu stoppen.