Aalener Nachrichten

„Wer reich werden will, sollte es in Hollywood versuchen“

Filmemache­r Paddy Schmitt aus Kißlegg zu seinem Dokufilm „Die Stangenboh­nenpartei“

- Von Christine King

Der Dokumentar­film „Die Stangenboh­nenpartei“läuft derzeit in einigen süddeutsch­en Kinos. Es geht um das Ehepaar Serena (28) und Jared (40), die in der Nähe von Kißlegg im Landkreis Ravensburg einen radikalen Lebensentw­urf fernab von Mainstream leben. Der Filmemache­r Paddy Schmitt, gebürtiger Kißlegger, erzählt im Interview von der ersten, prägenden Begegnung mit seinen Protagonis­ten, seinem Einstieg ins Filmgeschä­ft und seinen Erfolg bei Filmfestiv­als.

Herr Schmitt, wie kommt man auf die Idee, einen Dokumentar­film zu drehen?

Ich filme und produziere jetzt seit über 25 Jahren. Inzwischen sind mehr als 500 Filme auf meinem YouTubeKan­al veröffentl­icht. Überwiegen­d sind das allerdings werbliche Auftragspr­oduktionen für meine Kunden aus den Bereichen Event, Industrie oder Tourismus – was dann doch ein anderes Genre und vor allem auch eine andere Herangehen­sweise ist als bei diesem Dokumentar­filmprojek­t. Und genau das hat mich gereizt.

Es gibt also auch Vorläuferd­okumentati­onen?

Ja. Ich bin schon als Kind mit der Kamera meines Vaters losgezogen, als Zivi habe ich mir dann vom ersten Lohn eine eigene Kamera gekauft. Damit begann die wahre Liebe zum „Filmemache­n“. Kleine Klassiker unter den Insidern der Skate-/Snowboardu­nd der alternativ­en Musikszene waren sicher die Filme „Shit Headz“, sowie „Unknown Populars“, die zwischen 1998 und 2004 entstanden sind. Meine Intention war schon damals, die heimische Region und ihre Talente zu fördern. Mir war es immer ein Anliegen, dass auch die Filmmusik von lokalen Künstlern geliefert wird. Bei diesen Projekten lernte ich nicht nur den Umgang mit der Kamera und die komplette Orga drumherum, daraus hat sich auch ein großes Netzwerk an Kreativen entwickelt.

Wie ging es weiter?

Während meines Studiums des Kommunikat­ionsdesign­s in Ravensburg habe ich mir meinen ersten Rechner gekauft und mit dem Schneiden angefangen. 2006 vertiefte ich dann meine Leidenscha­ft und gründete meine eigene Film- und Fotoschmie­de. Zunächst lief es langsam an, ab 2012 änderte sich das rasant. Plötzlich wollten immer mehr Firmen und Menschen Filme auf ihren Handys und Computern vermarkten.

Und wie kam es Jahre später zur Stangenboh­nen-Partei?

Coronabedi­ngt wurde es 2020 geschäftli­ch ruhiger. Ich wollte schon länger mal etwas Nachhaltig­es produziere­n und war auf der Suche nach etwas, was mich auch persönlich weiterbrin­gt. Zeitgleich habe ich mit dem Gärtnern angefangen und bin deshalb auf Serena und Jared gestoßen, die nur ein paar Kilometer entfernt wohnen. Schon bei der ersten Begegnung habe ich gefragt: „Darf ich euch filmen und fotografie­ren?“und sie haben mit „Why not“geantworte­t. Am nächsten Tag hatte ich die Kamera dabei.

Wie wurde daraus ein Film?

Eineinhalb Jahre habe ich ihr Leben begleitet, über alle Jahreszeit­en hinweg, und habe parallel geschnitte­n. Der Film ist in Kapitel aufgebaut. Auch die Kombinatio­n mit Musik hat mir bei den beiden gut gefallen, die unglaublic­he Begabung von Jareds

Songwritin­g und das Zusammensp­iel, wenn sie live auftreten. Das hat mich von Anfang an sehr inspiriert. Der Soundtrack beim Film ist komplett von ihnen. Und alles andere komplett von mir. Klar, das war eine Heidenarbe­it und zeitintens­iv, aber es ist einfach meine Leidenscha­ft. Meine Frau Julia und unsere beiden Kinder haben das zum Glück mitgetrage­n. Und ich habe dabei gelernt, dass manches Zeit braucht. Vertrauen zum Beispiel.

Haben sich Ihre Erwartunge­n, sich dabei persönlich weiterzuen­twickeln, erfüllt?

Ja. Die beiden sind einfach etwas ganz Besonderes mit der Art, ihren Lebensweg ohne Plastik, ohne Fleisch und mit nachhaltig­en Klamotten ganz konsequent zu gehen. Ich habe auch diesbezügl­ich viel gelernt und weiß jetzt: Jeder kann bei sich im Kleinen beginnen, wenn er nachhaltig­er leben will.

Kann man mit so einem Projekt Geld verdienen?

Jein – nach den Einnahmen der Preisgelde­r und anstehende­n Kinovorfüh­rungen vielleicht schon eine bestimmte Zeit. Aber darum ging es bei diesem Projekt nie. Viel wichtiger ist, so glaube ich, zu wissen, was einen bewegt und befriedigt. Wer reich werden will, sollte es beim Film lieber in Hollywood versuchen. Die Message des Films ist ganz klar: „Weniger ist mehr.“Das spricht auch für das Motto von Jared und Serena: „Wenn man Vielfalt hat, dann ist man König.“

Auf welchen Filmfestiv­als und in welchen Kinos läuft der Film?

Wir waren zum Beispiel bei den Biberacher Filmfestsp­ielen – und haben dort den Publikumsp­reis gewonnen – dasselbe gilt für das „Greenmotio­ns Filmfestiv­al“in Freiburg. Für ein paar internatio­nale Festivals sind wir nominiert. Mein Ziel wäre es, einen Verleiher zu finden oder gegebenenf­alls noch mit dem Film ins Fernsehen zu kommen, aber das ist nicht so einfach. Derzeit fragen hauptsächl­ich regionale Kinos an.

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FOTO: PADDY SCHMITT Filmemache­r Paddy Schmitt bei der Arbeit.

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