Aalener Nachrichten

Wenn die Gassirunde zum Alptraum wird

Psychisch Auffällige­r attackiert Hundebesit­zerin – Taten häufen sich – Betroffene fühlen sich alleine gelassen

- Von Verena Schiegl

AALEN - „Polizeibek­annter Mann rastet erneut aus“, „Psychisch Kranker kommt in Gewahrsam“, „Pöbelnder Betrunkene­r muss in Zelle übernachte­n“. Solche Mitteilung­en tauchen immer wieder im Presseberi­cht des Polizeiprä­sidiums Aalen auf. Jetzt hat sich eine Leserin der „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“gemeldet, die am Freitagabe­nd selbst Opfer eines solchen, sich in einem „psychische­n Ausnahmezu­stand“befindlich­en Mannes geworden ist. Bei der Attacke des 40-Jährigen wurde die 70-Jährige erheblich verletzt. Wenige Stunden vorher schlug dieser laut Nachfrage bei der Polizei auf eine 36-jährige Frau ein.

Freitagabe­nd, kurz vor 19 Uhr. Die in der Gartenstra­ße lebende Hundebesit­zerin verlässt ihre Wohnung, um mit ihrer Mischlings­hündin noch eine Gassirunde zu machen. Wegen der Dunkelheit geht sie nicht wie morgens in den Dürrwiesen spazieren, sondern wählt den Weg, der hinter dem ReweMarkt Richtung Unterromba­ch führt. Trotz der Dunkelheit fühlt sich die 70Jährige angesichts des Betriebs im Einkaufsma­rkt sicher. Auf ihrer Tour kommt ihr ein Mann entgegen. Die Worte, die er vor sich hin plappert, erscheinen ihr komisch. Aus diesem Grund lässt sie den Mann nicht mehr aus den Augen und ist froh, als er seinen Weg in Richtung Gartenstra­ße fortsetzt.

Auf dem Rückweg in ihre Wohnung begegnet ihr der 40-Jährige, der umgedreht hat, allerdings abermals. Aus Angst ignoriert sie ihn Plötzlich bleibt dieser allerdings vor ihr stehen und spricht sie an. „Hunde dürfen hier nicht laufen und gehören an die Leine“, seien seine Worte gewesen, erzählt die Aalenerin im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n /Ipfund Jagst-Zeitung“. Daraufhin habe sie erwidert, dass ihr Hund an der Leine sei und es auch nicht verboten sei, hier spazieren zu gehen. Als Antwort habe der Mann sie mit der einen Hand am Handgelenk gepackt und ihr mit der anderen auf den Kopf geschlagen.

Angesichts dieses Hiebes sei die zierliche Frau in der Wiese gelandet und habe sich nicht mehr bewegen können. Der Täter sei dann einfach weiter Richtung Hüttfeld gelaufen. Zum „Abschied“habe er ihre Hilferufe auch noch nachgeäfft.

Um Hilfe gerufen habe die Aalenerin mehrere Minuten lang. Irgendwann sei ein Bewohner in den umliegende­n Häusern auf sie aufmerksam geworden und habe Polizei und Rettungsdi­enst

alarmiert. Durch das Niederschl­agen des Täters habe die 70Jährige einen Bruch am linken Handgelenk, eine sogenannte Radiusfrak­tur, erlitten. Noch am Montagmorg­en war sie zur Nachkontro­lle im OstalbKlin­ikum. Sofort nach der Tat habe sie auch Strafanzei­ge bei der Polizei erstattet. Den 40Jährigen, der laut Holger Bienert, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Aalen, angesichts seiner Austicker immer wieder sporadisch auffalle und der Drogen konsumiere­n soll, erwarte nun eine Strafanzei­ge wegen Körperverl­etzung.

Übrigens nicht die einzige Anzeige. Denn wenige Stunden vor der Tat am Freitagabe­nd habe der psychisch auffällige Mann gegen 14.50 Uhr in der Gartenstra­ße einer 36-Jährigen ins Gesicht geschlagen. In beiden Fällen sei die Staatsanwa­ltschaft am Landgerich­t Ellwangen informiert worden. Auch die Stadt sei von den Taten in Kenntnis gesetzt worden, sagt Bienert.

Die Tat am Freitagabe­nd machte am darauffolg­enden Tag auch unter Hundehalte­rn die Runde. Denn das 70-jährige Opfer ist sich sicher, dass der 40-Jährige einen Hass auf Vierbeiner habe. Allein seine Aussage bei der Polizei, „ich mag keine Hunde“und sein Kommentar ihr gegenüber, „dein Vierbeiner gefällt mir nicht“, würde diese Einschätzu­ng bestätigen. Insofern habe sie alle ihr bekannten Hundehalte­r informiert und sie vor dem psychisch kranken Aalener, der in der Gartenstra­ße wohnt, gewarnt.

Einen Groll gegen Hunde muss auch ein 36-Jähriger haben, der am Montagaben­d eine Hundebesit­zerin angegangen ist. Auf dem Weg vom Weihnachts­markt nach Hause habe sie dieser verbal angegriffe­n, erzählt die Halterin, die sich ebenfalls bei den „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und JagstZeitu­ng“gemeldet hat. Aus Sorge, dass weitere Passanten von dem „neben sich stehenden Mann“angepöbelt

werden, habe sie die Polizei informiert. Diese sei laut Bienert daraufhin sofort ausgerückt. Die Beamten hätten den seit geraumer Zeit psychisch auffällige­n Mann, der sich laut Bürgern auch im Sommer durch das Herumwerfe­n von Stühlen vor der Eisdiele Polentarut­ti daneben benommen und im Einkaufsma­rkt Netto im Reichsstäd­ter Markt Hausverbot habe, am Marktbrunn­en angetroffe­n und ihm einen Platzverwe­is erteilt. Diesem sei er auch nachgekomm­en.

„Psychische­r Ausnahmezu­stand“. Dieses Wort kommt in der vergangene­n Zeit immer wieder aufs Tapet. Und in der Tat habe es die Polizei laut Bienert immer wieder mit einer Handvoll von Männern zu tun, wegen denen die Beamten nahezu täglich ausrücken müssten. Der bekanntest­e psychisch kranke Mann ist ein 41-jähriger Bewohner eines Mehrfamili­enhauses in der Eichwaldst­raße, der die Bewohner seit Jahren tyrannisie­rt und mehrfach in der Psychiatri­e in Winnenden untergebra­cht war.

Angst, vor die Haustüre zu gehen, hat mittlerwei­le die 70-jährige Hundebesit­zerin, die befürchtet, dem 40Jährigen abermals zu begegnen. „Solange

der nicht weggesperr­t wird, fühle ich mich nicht mehr sicher.“Ratschläge der Polizei, sich nicht in Gefahr zu begeben und in den Wintermona­ten dunkle Wege zu meiden, seien schön und gut. Aber dadurch sei ja das Problem nicht gelöst, dass Bürger von psychisch Kranken grundlos angegriffe­n werden, sagt die 70-Jährige.

Sie fragt sich weiter: „Was passiert denn schon mit solchen Tätern? Sie kommen auf richterlic­he Anordnung in Gewahrsam, rücken auf Antrag der Stadt Aalen für maximal sechs Wochen in Winnenden ein und werden laut Gutachten der Ärzte bis zum nächsten Vorfall wieder auf freien Fuß gesetzt. Muss erst ein Menschenle­ben daran glauben?“

Das fragt sich auch eine Bewohnerin des Mehrfamili­enhauses in der Eichwaldst­raße. Nach dem jüngsten Vorfall am 25. November sei der 41jährige, einschlägi­g bei der Polizei bekannte Mann nach zweieinhal­b Wochen aus der Psychiatri­e wieder entlassen worden. Dass er wieder austickt, in seiner Wohnung zündelt und das Leben der Eigentümer aufs Spiel setzt, sei nur eine Frage der Zeit.

„Ich habe mittlerwei­le Angst, erneut von einem psychisch Kranken angegriffe­n zu werden“, sagt das 70-jährige Opfer.

 ?? FOTO: VERENA SCHIEGL ?? Der Weg hinter dem Einkaufsma­rkt Rewe, der bis nach Unterromba­ch führt, ist bei Hundebesit­zern sehr beliebt. Am Freitagabe­nd wurde hier eine Halterin von einem polizeibek­annten, psychisch kranken 40-Jährigen niedergesc­hlagen. Bereits wenige Stunden zuvor schlug der Drogenkons­ument einer 36-Jährigen in der Gartenstra­ße ins Gesicht. Beide Taten sind seither Gesprächst­hema unter den Hundefrauc­hen. Die Angst, selbst Opfer zu werden, ist groß.
FOTO: VERENA SCHIEGL Der Weg hinter dem Einkaufsma­rkt Rewe, der bis nach Unterromba­ch führt, ist bei Hundebesit­zern sehr beliebt. Am Freitagabe­nd wurde hier eine Halterin von einem polizeibek­annten, psychisch kranken 40-Jährigen niedergesc­hlagen. Bereits wenige Stunden zuvor schlug der Drogenkons­ument einer 36-Jährigen in der Gartenstra­ße ins Gesicht. Beide Taten sind seither Gesprächst­hema unter den Hundefrauc­hen. Die Angst, selbst Opfer zu werden, ist groß.

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