Zu viel BWL, zu wenig Bolzplatz
Oliver Bierhoffs größtes Vermächtnis steht ohne Zweifel in Frankfurt. Der neue Campus des Deutschen Fußball-Bundes ist sein Projekt – eines, das den deutschen Fußball „zurück an die Weltspitze“bringen soll. So zumindest formulierte es Bierhoff vor nicht allzu langer Zeit selbst. Dieser Marketingsatz passte ebenso gut ins Bild, das der DFB-Geschäftsführer zuletzt abgab, wie der imposante Bau im Süden der Mainmetropole. Bierhoff ging es immer auch um die Außendarstellung, zuletzt bekam man sogar den Eindruck, dass die Imagebildung für sein Wirken wichtiger war als die sportliche Entwicklung. Mit dem aufgezwungenen Markennamen „Die Mannschaft“oder merkwürdigen Slogans wie „#ZSMMN“und „#BestNeverRest“als Inbegriff der Kommerzialisierung und Vermarktung hatte Bierhoff einen erheblichen Anteil an der Entfremdung der Nationalmannschaft von der eigenen Bevölkerung, ihrer Entkopplung von der Basis und dem Verlust jeglicher Emotionalität bei Millionen von Fans. Zu viel BWL, zu wenig Bolzplatz. Dass laut einer aktuellen Umfrage knapp 85 Prozent der Anhänger einen Abgang Bierhoffs wünschten, spricht Bände.
Dabei hatte alles einst so gut begonnen. Am Sommermärchen 2006, das in Deutschland eine bislang unbekannte Begeisterung für die Nationalelf auslöste, die bis zum Gewinn des WM-Titels 2014 anhielt, hatte der einstige Stürmer einen ebenso entscheidenden Anteil wie die sportliche Führung um Bundestrainer Joachim Löw. Dasselbe gilt allerdings auch für die anschließende Talfahrt. Als die Erfolge ausblieben und sich die öffentliche Stimmung drehte, hielt Bierhoff gemeinsam mit Löw viel zu lange an seinem bequemen Posten fest. Von Weiterentwicklung fehlte jede Spur. Löw kam mit seinem Rücktritt 2021 wohl einer Entlassung zuvor. Bierhoff tat es ihm nun gleich, indem er seinen Job noch vor dem Krisengipfel mit der DFB-Spitze zur Verfügung stellte.
Was nach 18 Jahren im Verband bleibt, ist eine trotz aller Verdienste sehr ernüchternde Bilanz: Bierhoff, dem das Image immer besonders wichtig war, hinterlässt eine Nationalmannschaft mit ramponiertem Ruf.