Alle für Aalen! Es geht nur gemeinsam
Wie zehn Studenten aus Stuttgart den Fußball-Regionalligisten VfR Aalen retten und nachhaltig verändern wollen
- Georg Wesch ist zweifellos kein typischer Fan des VfR Aalen. Schließlich kommt der Student der Hochschule der Medien in Stuttgart eben gerade nicht aus der Stadt am Kocher. Vielmehr kommt er aus dem Einzugsgebiet des Bundesligisten und Traditionsverein VfB Stuttgart. Dennoch schlägt sein Herz für den VfR. Warum? Weil er den Verein eben lieben gelernt hat. Wenngleich er nur die „schlechten Zeiten mit den Abstiegen aus verschiedenen Ligen mitgemacht hat“. Das prägt: „So ein 0:5 (gegen Fulda, Anm. d. Red.) wirft einen da nicht mehr um.“
Alles begann mit einem Spiel der Aalener in der 2. Bundesliga gegen Eintracht Braunschweig. Bei diesem Spiel entstand seine enge Bindung zum VfR aus Aalen. Und heute, viele Jahre danach ist er als langjähriges Mitglied der Schwarz-Weißen an der Reihe, dem Verein „etwas zurückzugeben“.
Er ist ein Teil, der Initiator eines zehnköpfigen Studententeams, das eine Kampagne (allefueraalen.de) ins Leben gerufen hat, den Verein erst zu retten und dann eben nachhaltig zu verändern. „Kommunikation und Transparenz“, sieht Wesch als mit die größten Baustellen beim insolventen Fußball-Regionalligisten an. „Es gibt eben unglaublich viele Aufgabengebiete, die auf die wenigen Menschen im Verein einprasseln“, nennt Präsidiumssprecher Michael Weißkopf einen Grund für die nicht perfekte Kommunikation beim Regionalligisten von der Ostalb: „Das lag aber nie daran, dass wir nicht kommunizieren wollten.“
Daher kommen Wesch und sein Team den Aalenern gerade recht.
„Die Hilfe nehmen wir gern an“, schiebt Weißkopf nach. „Der Verein hat sich zuletzt zu sehr auf den Fußball konzentriert und dabei womöglich viele Fans und Sponsoren verloren. Wir wollen alle mitnehmen und abholen“, so Wesch. Dabei gehen die Ideen weit über den Fußball hinaus. „Wir müssen auch die ins Boot holen, die erst einmal nichts mit Fußball und dem VfR anfangen können.“So ein bisschen klingt er dabei, als wenn er dabei vieles von einem gewissen Zweitligisten an der Brenz abschauen möchte. „Wir können doch nicht sagen, nur weil ein anderer Verein diesen Weg gegangen ist, ist er keine Option für uns“, stellt Wesch klar. Er und sein Team aus Bachelor
und Masterstudenten arbeitet mit Feuereifer am Aufbau der Homepage und den Videos, die „die Aktion bekannt machen“sollen. „Eigentlich trage nur ich den VfR im Herzen, aber die anderen arbeiten dennoch mehr als nur intensiv mit.“Angesprochen werden sollen Fans und Unternehmer, die den VfR gern mit am Leben halten wollen. Ausgeschlossen wird dabei ausdrücklich keiner und angenommen wird jeder Euro. Entweder ohne Gegenlohn, gegen ein Dankeschön oder eben gegen entsprechende Bandenwerbung und Werbeleistungen für Unternehmen. Gebucht werden können aber auch beispielsweise eine Trainingseinheit unter VfR-Coach Tobias Cramer, ein Elfmeterschießen gegen Michel Witte, Stadionführung mit Stadionsprecher „Flex“Flechsler oder einen FifaAbend mit zwei Spielern des VfR. „Wir brauchen die finanzielle Unterstützung, damit es den Verein in der Form überhaupt noch geben kann.“
Seit Freitagabend ist Kampagne, die bis mindestens Ende März 2023 läuft, online und natürlich noch weit entfernt, die notwendige Summe einzuspielen. Das Ganze braucht eben eine gewisse Vorlaufzeit. Eigentlich kommt Wesch im Übrigen gar nicht aus dem Marketingbereich, sondern aus der Film-Richtung. Zunächst war daher auch eine Dokumentation über den VfR im Raum gestanden. Die Insolvenz allerdings, die änderte alles. Luisa Hahn, Marvin Hastert, Cedric Fais, Nathalie Vohl, Karla Gojan, Ralf Lampl, Lena Le, Laura Weber, Katja Kirchner und Georg Wesch entwickelten kurzerhand einen anderen Weg und der Verein mit seinen Gremien ist dicht dran. Charlotte Helzle etwa hat die Koordination in der Hand, aber auch Präsidiumssprecher Michael Weißkopf und die anderen im Verein unterstützen die Aktion ausdrücklich. „Ich sehe die ganze Aktion natürlich positiv und finde es natürlich sensationell, dass der Herr Wesch als glühender VfR-Fan mit Unterstützung von Kommilitonen auf uns zugekommen ist und sich bereit erklärt hat, die Sache zu machen.“Auch das Team rund um den Insolvenzverwalter ist mit im Boot. Der Verein braucht im Zuge der Insolvenz einen sechsstelligen Betrag. Ein erster Schritt dazu ist getan. Früher seien bei Spielen der Aalener meist über 6000 Zuschauer bei Heimspielen gewesen. Heute sind es rund 1000. „Sicher sind manche nicht mehr da, weil es die Regionalliga ist“, erklärt Wesch: „Bei anderen besteht vielleicht die Chance, diese wieder für den VfR zu begeistern.“
Geplant werden sollen daher auch viele Veranstaltungen mit Fans, Mitgliedern und dem Präsidium. „Man muss wieder mehr miteinander, als übereinander reden“, stellt Wesch klar: „Das muss natürlich eine Dialogveranstaltung sein. Jeder soll sagen können, was ihm am Verein gefällt oder eben nicht.“Dazu bräuchte der Verein eigentlich mehr Leute. Doch dafür sei schlicht kein Geld da. „Es gibt so viel gute Fanseiten auf Facebook oder Instagram. Vielleicht kann man diese Fans begeistern, aktiv im Verein mitzuarbeiten.“
Bis das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist (vermutlich Ende März 2023), sind dem Verein finanziell die Hände gebunden. Daher werden Dankeschöns und auch die gesammelten Gelder erst nach Abschluss des Verfahrens eingezogen. „Ich sehe da keinen Cent. Das kommt alles in die Vereinskasse“, erklärt Wesch sicherheitshalber schon einmal. Nach dem Ende des Insolvenzverfahrens soll dann die Transformation erfolgen: „Wir wollen aus dem VfR eine Plattform machen, die mehr bietet als nur Fußball.“Ein erster Schritt erfolgte bereits ohne Wesch mit der „Jobbörse“vor einigen Jahren. Weitere sollen folgen, allerdings gemeinsam entwickelt mit den Unternehmen, Fans und Mitgliedern.
„Man muss wieder mehr miteinander, als übereinander reden.“VfR-Unterstützer Georg Wesch