Schräger Mix von der einstigen Godmother of Punk
Es gluckst, reibt, röhrt, kratzt. Nina Hagen ist zurück. Nach elf Jahren hat die einstmals selbst ernannte Godmother of Punk ein neues Album aufgenommen. „Unity“ist ein neuerlicher Beweis für die Bandbreite der Sängerin. Ob härtere Töne, ruhiger Pop, exzellenter Funk oder einlullende Balladen – die 67-Jährige hat mit elf Songs eine hörenswert schräge Mischung zusammengestellt. Das neunte Solo-Album der Künstlerin erscheint am Freitag.
„Das Album ist die Erfüllung eines Wunschtraumes“, sagt Hagen. „In der Zeit von Corona konnten meine zirkuspferdartigen Auftritte nicht mehr stattfinden. Es gab keine Livekonzerte mehr, aber die Produktion am Album ging fleißig weiter. In der Zeit war mehr Geduld gefragt. Geduld war die Yogaübung der Stunde.“Die Bibel und Jesus sind ihre ständigen Begleiter, auf dem Album wie im Gespräch. Als Christin glaube sie an die Liebe, die über allem stehe. „Die Liebe ist nicht totzukriegen. Das sollten wir uns zunutze machen“, sagt Hagen.
Mit „Shadrack“greift sie auch gleich mit dem Opener auf biblischen Stoff zurück. Dazu ein leicht sphärisches Intro, ein paar geschlagene Becken, ein cooler Funk-lauf und schon übernimmt eine noch immer scheinbar endlos tiefe Stimme Hagens die Erzählung. Über die Songs verteilt spannt sich Hagens Stimme oktavenweit zwischen knarrenden Tiefen und gackernden Höhen mit der ihr eigenen Koloraturkompetenz. Dabei nutzt sie noch immer alles, was die Bezeichnung Ton rechtfertigt.
Es geht viel um Solidarität und Miteinander auf dem Album. In „United Women Of The World“besingt Hagen weibliche Kraft und Stärke. Der Titelsong „Unity“, entstanden mit Hilfe des US-amerikanischen Funkspezialisten Georg Clinton, ist eine Unterstützung für die BlackLives-Matter-Bewegung.
Für „Atomwaffensperrvertrag“wühlt sie in alten Beständen. Der Text ist die Collage einer Rede Hagens zu Abrüstung. „Es ist unsere niemals erkaltende Zunge, die sich für die absolute Abschaffung aller Atomwaffen einsetzt. Nur so geht es. Das muss man immer weiter propagieren“, sagt sie. Poppige Rhythmen mit sphärischer Stimme begleiten in „Geld, Geld, Geld“ihre Kapitalismuskritik: „Große Städte stinken / Reklameschilder blinken“. Die Untiefen von Zweisamkeit („Beziehungskisten gehen immer zu Bruch“) beschreit Hagen im Refrain von „Gib Mir Deine Liebe“. Mit dem rockigen „Venusfliegenfalle“entführt sie auf eine schräge Tour durch das All.
Für das Album hat Hagen wieder reichlich auf Material anderer Künstlerinnen und Künstler zurückgegriffen. „16 tons“und „Redemption Day“sind dabei. Es gibt auch eine deutsche Version von Bob Dylans Klassiker „Blowin in the wind“. „Ich mache schon seit ich denken kann Cover“, sagt Hagen. Die Menschheit brauche Lieder, die sie zusammen singen könne. „Wir brauchen das als Gesellschaft, dass wir nicht nur diese Castingshows über uns ergehen lassen müssen.“(dpa)
Nina Hagen: Unity, erscheint am 9.12. bei Grönland Records.