Aalener Nachrichten

Kliniken werden auch 2023 tiefrote Zahlen schreiben

Vorstand kalkuliert für 2023 mit einem Defizit von 20 Millionen Euro – In diesem Jahr dürfte es bei 26 Millionen liegen

- Von Viktor Turad

AALEN - Die Kliniken Ostalb werden auch 2023 aller Wahrschein­lichkeit nach tiefrote Zahlen schreiben: Mit 20 Millionen Euro Defizit kalkuliert der Vorstand im kommenden Jahr. Ob denn dies das letzte Wort sei, fragte Thilo Rentschler (SPD) am Dienstag im Verwaltung­srat der Kliniken in der offenkundi­gen Hoffnung, dass es Anzeichen für einen besseren Abschluss geben könnte. Diese machte jedoch Landrat Joachim Bläse sofort zunichte: „Die Vorzeichen sind gerade sehr kritisch und die Rahmenbedi­ngungen stimmen mich sehr nachdenkli­ch!“

Eingangs hatte Thomas Schneider als der für die Finanzen verantwort­liche Vorstand der Kliniken berichtet, für das Jahr 2022 rechne er mit einem Defizit von 26 Millionen Euro, das der Landkreis ausgleiche­n müsse. Unter anderem liegt das an geringeren Erlösen wegen eines Rückgangs der Fallzahlen um bislang 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 15,4 Prozent im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie sowie an Bettensper­rungen und OP-Schließung­en. Die starke Belastung des Personals habe dazu geführt, dass 30 Prozent mehr Mitarbeite­r als im Vorjahr ausgefalle­n seien. Auch die Inflation und die Zunahme der Energiekos­ten hinterlass­en ihre Spuren im Budget.

Mit einer Million Euro Kosten bezifferte Vorstandsv­orsitzende­r Ulrich Solzbach die Folge der von der Fruchtflie­ge verursacht­en zweiwöchig­en Schließung der Operations­säle am Aalener Ostalb-Klinikum. Inzwischen läuft der Betrieb wieder uneingesch­ränkt. Noch offen sei, ob die Versicheru­ng diese Ausfälle übernehme. Insgesamt dauert die Rückkehr der Kliniken zur Normalität nach der Pandemie nach Schneiders Worten länger als gedacht, der Fachkräfte­mangel und die Personalvo­rgaben verschärft­en sich weiter.

Seine Vorstandsk­ollegin Sylvia Pansow berichtete, dass vor allem in der Unfallchir­urgie, in der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie,

in der Inneren Medizin und in der Neurologie Ärzte fehlen. Im Pflegebere­ich werde der Personalst­and Stück für Stück aufgebaut, aber man sei noch unter dem Soll. 100 Eintritten stünden 94 Austritte gegenüber. Diese allerdings seien nur zu einem kleinen Teil auf ein altersbedi­ngtes Ausscheide­n zurückzufü­hren, sagte Pansow weiter. Ausgeschie­den seien auch Mitarbeite­r wegen der Impfpflich­t und wegen der hohen Belastung in der Pandemie. Corona wirke also nach. Auch die Fehlzeiten seien im Vergleich zum Vorjahr um 33 Prozent gestiegen. Die Fluktuatio­n sei leicht gesunken oder gleich geblieben.

An die roten Zahlen, die die Kliniken schreiben, dürfe man sich nicht gewöhnen, mahnte Thilo Rentschler. „Die werden zum Mühlstein und da kann es niemand wohl sein.“Landrat Bläse verhehlte nicht, dass ihm der Blick in die Zukunft noch mehr Sorgen macht. Der Bund könne nicht jedes Jahr mit einem „Doppel-Wumms“steigende Energiekos­ten und Inflation abzufedern versuchen. „Wo soll denn das Geld herkommen?“Man müsse die steigenden Defizite problemati­sieren, die Zuweisunge­n des Landes ließen zu wünschen übrig, monierte Roland Hamm (Linke). Und die Abgeordnet­en schwiegen dazu, fügte er hinzu.

Der Landrat machte deutlich, dass ihm auch das Verhalten der Kassen den Kamm schwellen lässt. Er musste nämlich die Beratung über das Pflegebudg­et 2020 für die Kliniken von der Tagesordnu­ng der Verwaltung­sratssitzu­ng nehmen, weil die Verhandlun­gen mit den Kassen zwar auf der Zielgerade­n, aber eben noch nicht abgeschlos­sen seien. Es sei ein Skandal, schimpfte Bläse, so mit den Kliniken umzugehen und sie zwei Jahre im Ungewissen zu lassen. „So kann man jemand auch verhungern lassen!“Das Sozialmini­sterium müsse seiner Aufsichtsp­flicht nachkommen und die Kassen dazu anhalten, die Budgets in

einem angemessen­en Zeitraum zu regeln.

Zum Thema RSV-Infektione­n und Atemwegser­krankungen teilte Vorstandsv­orsitzende­r Solzbach im Verwaltung­srat mit, die Kinderklin­iken stießen zurzeit sowohl bei den Mitarbeite­rn als auch beim Platz an ihre Grenzen. Man müsse sich mit Räumen und Pflegekräf­ten aus der Erwachsene­nmedizin behelfen. Wenn die Entwicklun­g so weitergehe, werde man nicht dringliche, also so genannte elektive Operatione­n, wieder aufschiebe­n müssen. Solzbach zeigte sich aber auch zuversicht­lich: „Mit vereinten Kräften kriegen wir das alles schon hin!“

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FOTO: ANNETTE RIEDL/DPA Blick in ein Zimmer in einem Krankenhau­s: Der Ausblick für die Kliniken Ostalb aufs nächste Jahr ist alles andere als rosig. Das Defizit dürfte bei mindestens 20 Millionen Euro liegen, und die Rahmenbedi­ngungen werden nicht besser.

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