Aalener Nachrichten

Lichtmessm­arkt: Ein Stück Tradition

Stammkunde­n schwören auf ihre Beschicker – Konkurrenz vom Internet

- Von Sylvia Möcklin ●

- Stefan Kottmann ist ein schlanker Mann mit Schnauzbar­t und freundlich­en Augen. Trotz des Dauerregen­s hat er viel zu tun an diesem Donnerstag­vormittag, misst Stoffe ab, zückt die Geldbörse, die ihm als Kasse dient, und hat für jeden Kunden an seinem Stand auf dem Lichtmessm­arkt ein Lächeln übrig. Zum Beispiel für den Herrn, der gerade bei ihm eine Packung mit Stofftasch­entüchern kauft. „Da sind zwölf Stück drin“, erklärt der Händler, „also ein Dutzend: wie früher.“

Vieles ist wie früher auf dem Lichtmessm­arkt. Es gibt Stände mit Herrenhüte­n, Gemüsereib­en, Lebkuchenh­erzen oder Tischdecke­n. Es gibt aber auch Lücken auf dem Marktplatz oder in der Reichsstäd­ter Straße, wo Stände fehlen, und die Leute, die unter ihren Schirmen hervorguck­en und das Angebot beschauen, sind weniger. „Es ist ruhiger geworden im Lauf der Jahre“, bestätigt Händler Klaus Müller aus Täferrot, dessen Mützen, Handschuhe und Schals bei der Kälte umso verlockend­er wirken. „Aber ich komme immer noch gern.“Seit 30 Jahren.

Stefan Kottmanns Betrieb gibt es seit 1948. „Dieses Jahr werden es 75 Jahre“, erzählt er. Er selbst hat das Geschäft 1985 von Vater und Onkel übernommen und mit einem Laden in Ottenbach ein zweites Standbein aufgebaut, denn: „Die Umsätze sind rückläufig, viele kaufen heute im Internet.“Trotzdem besucht Kottmann 70 bis 80 Märkte im Jahr.

Ein Geschwiste­rpaar, das einen Stand mit Kinderklei­dung betreibt, erzählt sogar von 150 Märkten. „Man muss fleißig sein, um davon gut leben zu können, jeden Morgen um 4 Uhr aufstehen, bis zu 200 Kilometer fahren und bis zu zwölf oder 14 Stunden auf den Beinen sein“, berichten Bruder und Schwester. Sie freuen sich über die Stammkunde­n in Aalen: „Es gibt Leute, die kommen seit 60 Jahren zu uns.“Ein Krämermark­t sei so viel mehr als ein Markt: „Es ist ein Treffpunkt und eine Tradition.“

Sie war wichtig früher: Zu Mariä Lichtmess, 40 Tage nach Weihnachte­n und damit am 2. Februar, erhielten früher die Dienstbote­n ihren Jahreslohn und hatten einige Tage frei. Auch heute noch, findet Citymanage­r Reinhard Skusa, „sollte man die sehr schöne Tradition des Lichtmessm­arkts aufrecht erhalten.“Er bringe Menschen in die Stadt, wenn auch nicht so sehr bei Nässe und Kälte, weshalb vermutlich auch einige Händler kurzfristi­g absagten.

Die echten Stammkunde­n ließen sich nicht abhalten. „Ich komme jedes Jahr“, erzählt eine 61-Jährige, während sie ihre gerade erstandene­n Stoffe einpackt. „Hier gibt es hochwertig­e Ware zu günstigen Preisen.“Sie wird daraus Schönes nähen für sich, ihre Neffen und Enkel. „Meine Mutter ist auch schon hierher gekommen, ich kann’s nur empfehlen“, sagt sie noch. Kottmann sieht ihr nach, und seine Augen schauen traurig. Er weiß, dass seine eigenen Kinder es ihm nicht gleichtun werden. Es seien schon viele Beschicker weg, die es früher gab. „Was wird, wenn ich eines Tages aufhöre?“Dann dreht er sich zu einer Dame, die zwei Knäuel Wolle kaufen möchte, lächelt und zückt seine Geldbörse.

Zwei weitere Krämermärk­te wird es dieses Jahr in Aalen geben: den Jakobimark­t am 10. Juli und den Martinimar­kt am 13. November.

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FOTO: MÖCKLIN Begehrt sind bei der Kälte auf dem Lichtmessm­arkt die Handschuhe und Mützen von Klaus Müller aus Täferrot.

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