Überraschende Wende im Betrugsprozess
Angeklagter gesteht – In Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr
- Der fünfte Tag der Hauptverhandlung im Ellwanger Landgericht hat die Wende gebracht: Der wegen Betrugs in besonders schwerem Fall angeklagte 53-Jährige aus dem Ostalbkreis hat gestanden, zwischen 2016 und 2018 eine ältere Frau aus Gmünd um rund zwei Millionen Euro geprellt zu haben. Der Angeklagte, der sich bisher auf freiem Fuß befand, wurde in Fußfesseln aus der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall vorgeführt. Es bestehe Verdunkelungsgefahr, so der Vorsitzende Richter Jochen Fleischer.
Bisher hatte die Verteidigung immer neue Zeugen benannt, um zu belegen, dass sich der Angeklagte am 20. Mai 2016, dem Tag der Übergabe von 778 000 Euro in bar, in Italien aufgehalten habe. Folglich habe er das Geld gar nicht selbst in Empfang nehmen können. Das aber hatte die Geschädigte, eine 78-jährige Witwe, als Zeugin vor der Zweiten Großen Strafkammer ausgesagt. Und es habe weitere Geldübergaben gegeben, immer in bar. Bisher hatte die Kammer den Anträgen der Verteidigung auf Ladung weiterer Entlastungszeugen stattgegeben. Die Wende trat ein, als Fleischer den Frankfurter Rechtsanwälten Bernd Schultheiß und Michael Euler mitteilte, das Gericht erwäge, weitere Zeugen abzuweisen. Im Fall einer Verurteilung müsse ihr Mandant mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen. Trotz strafverschärfender Aspekte könne ein Geständnis noch immer zu
einem milderen Urteil führen.
Eine aus Oberbayern angereiste Zeugin hatte zuvor weitschweifig berichtet, ihre Tante und der Angeklagte hätten sie mit Sack und Pack am 20. Mai 2016 in Italien abgeholt. Weil sie in Deutschland einen Neustart wagen wollte, sei das Datum für sie so markant, dass sie sich genau daran erinnern könne. Der Angeklagte nicht: Er sei in Italien gewesen, wisse aber nicht mehr genau, wann, ließ er
durch Rechtsanwalt Euler wissen, und gestand den Betrug an der in ihn verliebten Frau.
Und so ist die Wahrheit einmal mehr ebenso hässlich wie banal. Jüngerer Mann trifft ältere Frau. Man ist sich sympathisch. Er merkt schnell, dass bei ihr was zu holen ist. Mit Investments werde er ihr Geld verdoppeln, gaukelte der Verführer der reichen Witwe vor und gab sich als börsenerfahren aus. Und weil ihm, dem
notorischen Glücksspieler, der seit Jahren von Transferleistungen lebt, keinen Beruf hat und mehrfach vorbestraft ist, das Geld so schnell zwischen den Händen zerronnen sei, wie er es von ihr bekommen habe, habe er „öfter mal nachgestoßen.“Das Geld sei weg. Zurückzahlen könne er nichts. Es tue ihm leid. Ihren wirtschaftlichen Ruin habe der Angeklagte weder beabsichtigt, noch glaube er daran. Sie sei nicht mittellos. Noch immer wohne sie in einem Penthouse und sei Eigentümerin von Mietwohnungen. Sie müsse nicht stehlen, um etwas zu essen zu haben. Das hatte die menschlich zutiefst enttäuschte Frau ausgesagt. Jetzt, nach seinem Geständnis, fühle er sich besser.
Die Beweisaufnahme ist damit beendet. Das Urteil wird am 8. Februar erwartet. Bis dahin bleibt der 53-Jährige in Haft.