Mit dem Papst an die Grenzen gehen
Papst Franziskus bleibt sich treu: Er ruft die Gläubigen dazu auf, „bis an die Grenzen der Erde, zu allen Peripherien“zu gehen – und er geht voran. In Gefängnissen spendet er Trost, in Krankenhäusern besucht er Patienten, in Flüchtlingslagern spricht er mit Migranten. Daher liegen auch die Ziele seiner Reisen an der Peripherie: Franziskus’ erste Reise überhaupt führte ihn 2013 nach Lampedusa. Die Mittelmeerinsel war zum Sinnbild für das Flüchtlingselend an den Toren Europas geworden.
Auch auf seiner fünften Afrikareise, die am Sonntag zu Ende ging, setzte Franziskus deutliche Zeichen, als er im Südsudan Versöhnung predigte: einem Krisenherd mit zwölf Millionen Einwohnern und 2,2 Millionen Binnenvertriebenen. Zwei Drittel der Bevölkerung leiden Hunger.
Als historisch dürfen die Besuche in den Vereinigten Arabischen Emiraten (2019) und Bahrain (2022) gelten. Es waren die ersten eines Papstes auf der Arabischen Halbinsel. Er ermutigte die Christen im Irak (2021).
Weiter sucht der Papst das interreligiöse Gespräch: Als starkes Symbol des päpstlichen Dialogwillens mit dem Islam gilt die Freundschaft zwischen Franziskus und dem Kairoer Großimam Ahmed al-Tayyeb.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Kritik am Papst, die deutsche Katholiken bis in höchste Kirchenkreise hinein äußern, unangemessen. Sicher: Franziskus bremst den deutschen Reformprozess des Synodalen Wegs aus. Das Projekt sei „von Eliten gemacht“und nicht vom ganzen Volk Gottes. Er mahnt zur Fokussierung auf Wesentliches. Recht hat er.
Der Synodale Weg muss, sollte er nicht als Synodale Sackgasse enden, die zweifelsfrei wichtigen Themen im Rahmen weltkirchlicher Möglichkeiten abräumen. Die Verantwortlichen sollten dann ihre Kraft, ihren Glauben und ihren Einfluss den Fragen zuwenden, zu denen die Kirche wirklich gefragt ist, aber derzeit stumm bleibt. Wo bleiben relevante Beiträge zu Krieg und Frieden, Energiekrise und Klimawandel? Wo sind Debatten um Fragen, die die ganze Menschheit an die Grenzen ihrer Existenz bringen könnten?
Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan wirbt dafür, in Kirche und Gesellschaft nach Lösungen für Probleme zu suchen: „Ob wir uns in unserer Kirche wohlfühlen, ist vielleicht weniger wichtig als deren Dienst am Frieden in einer Welt des Unfriedens, als deren Dienst an der Barmherzigkeit und Solidarität.“Recht hat sie.