Aalener Nachrichten

Reden statt Klagen

Hohenzolle­rn-Chef zuversicht­lich über weitere Einigungen mit dem Staat

- Von Gerd Roth

(dpa) - Hohenzolle­rn-Chef Georg Friedrich Prinz von Preußen hat nach eigenen Angaben zwei Klagen gegen die öffentlich­e Hand um Entschädig­ung in Millionenh­öhe zurückgezo­gen. Das bestätigte der 46-Jährige am Donnerstag in Berlin. Vonseiten des zuständige­n Verwaltung­sgerichts in Potsdam lag dafür weiter keine Bestätigun­g vor. „Aber Sie können davon ausgehen, dass ich auch dazu stehe“, sagte von Preußen am Rande einer Historiker­diskussion um die Rolle seiner Familie im Nationalso­zialismus.

Der Bund sowie die Länder Brandenbur­g und Berlin verhandeln mit den Hohenzolle­rn seit 2014 über die Rückgabe von zahlreiche­n Kunstobjek­ten und über Entschädig­ungen. Nach dem Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System „erhebliche­n Vorschub geleistet hat“. In dieser Frage ist die Rolle des Urgroßvate­rs Wilhelm Kronprinz von Preußen (1882-1951) entscheide­nd.

Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenbur­g einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wie das Schloss Rheinsberg, das Krongut Bornstedt und etliche Villen in Potsdam wieder aufgenomme­n hat. Brandenbur­g hatte eine Entschädig­ung auf Basis des Einigungsv­ertrages abgelehnt. Dagegen hatten die Hohenzolle­rn geklagt. Es geht um 1,2 Millionen Euro.

In der zweiten Klage geht es unter anderem um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Cecilienho­f in Potsdam. Auch in diesem Fall hatte das Land eine Entschädig­ung mit derselben Begründung abgelehnt.

Von Preußen sieht zeitweilig­e Sympathien seines Urgroßvate­rs für die Nationalso­zialisten, mehr aber nicht. „Auch wenn ich selbst weder Historiker noch Jurist bin, lässt sich aus meiner Sicht nicht nachweisen, dass mein Urgroßvate­r dem Regime erhebliche­n Vorschub geleistet hat, selbst wenn er dies vielleicht gewollt hätte“, sagte er. „Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Kronprinz Wilhelm zeitweise mit den Nationalso­zialisten sympathisi­ert hatte.“Mit Blick auf die Familienge­schichte sagte er: „Wer sich dem Rechtsextr­emismus anbiedert, kann nicht traditions­stiftend für das Haus sein.“

Von Preußen verwies auf ungeklärte Eigentumsv­erhältniss­e von Kunstwerke­n und Objekten, die abschließe­nd geregelt werden sollten. „Für die Zuordnung von 4000 dieser mehr als 10.000 Objekte ist das Handeln meines 1951 verstorben­en Urgroßvate­rs relevant“, sagte er. Er habe entschiede­n, auf die Rückgabe von jenen 4000 Kunstwerke­n und damit verbundene Entschädig­ungen zu verzichten. „Damit möchte ich den Weg freimachen für eine unbelastet­e Debatte in der Geschichts­wissenscha­ft zur Rolle meiner Familie im 20. Jahrhunder­t.“Ähnlich hatte er sich zuvor – wie bereits berichtet – in der „Welt“geäußert.

Es bleibe sein Ziel, das Kunstund Kulturerbe dauerhaft für die Öffentlich­keit zu erhalten. „Daher bin ich zuversicht­lich, dass es in den nächsten Jahren gelingen wird, auch Lösungen für die übrigen Kunstwerke zu finden, deren rechtliche Zuordnung nicht von der historisch­en Rolle meines Urgroßvate­rs abhängig ist.“Vonseiten

des Bundes und Brandenbur­gs war der angekündig­te Verzicht auf die Klagen bereits als positives Zeichen für Gespräche gewertet worden.

Die von ihm organisier­te Historiker­debatte bezeichnet­e von Preußen als Beitrag „zur Aufarbeitu­ng unserer wechselvol­len Familienge­schichte im 20. Jahrhunder­t“. Dabei erneuerte der Historiker Lothar Machtan seine Einschätzu­ng. „Der ehemalige Kronprinz war politisch unfähig, dem Nationalso­zialismus erhebliche­n Vorschub zu leisten, obwohl er das punktuell sogar gewollt hat“, sagte der Professor an der Universitä­t Bremen. „Ihm fehlte die real existieren­de Möglichkei­t, nennenswer­ten Einf luss auf politische Meinungsbi­ldungsproz­esse zu nehmen.“

Der Historiker Peter Brandt, dessen Gutachten eine Grundlage für die Haltung Brandenbur­gs war, schrieb dem Kronprinze­n „nach wie vor“eine Rolle zu, dem NS-System erhebliche­n Vorschub geleistet zu haben. Eine ähnliche Position vertreten auch zahlreiche andere Historiker­innen und Historiker.

 ?? FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA ?? Georg Friedrich Prinz von Preußen hat angekündig­t, seine Klagen um Millionen-Entschädig­ungen für enteignete Schlösser und Villen sowie die Rückgabe von Kunstwerke­n und Inventar zurückzuzi­ehen.
FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Georg Friedrich Prinz von Preußen hat angekündig­t, seine Klagen um Millionen-Entschädig­ungen für enteignete Schlösser und Villen sowie die Rückgabe von Kunstwerke­n und Inventar zurückzuzi­ehen.

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