Neues Waffenrecht in Ampel-Koalition umstritten
Bundesinnenministerin Faeser hat bei der Verschärfung der Regelungen Extremisten im Blick – Doch die FDP stellt sich quer
- Die Bundesinnenministerin wiederholt sich: Seit Monaten kündigt Nancy Faeser ein strengeres Waffengesetz an – nach der Reichsbürger-Razzia Anfang Dezember, nach der Amoktat in Hamburg, nach dem aktuellen Reichsbürger-Vorfall in Reutlingen. Doch bis ins Kabinett hat es ihr Referentenentwurf noch nicht geschafft. Der Grund für die Verzögerung ist folgender: Der Koalitionspartner FDP hat sich quer gestellt. Die Grünen machen Faeser gleichzeitig Druck, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen. Doch was plant die Innenministerin eigentlich? Und warum? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Was sind die wichtigsten Vorhaben im geplanten neuen Waffenrecht?
Ein wichtiger Punkt sind die fachärztlichen oder psychologischen Gutachten, die künftig jeder, der eine Waffenbesitzkarte beantragen will, vorlegen muss. Bislang gilt diese Vorgabe nur für unter 25Jährige. Die Anschläge in Hanau und Hamburg seien mit legalen Waffen verübt worden, sagte Faeser dem Nachrichtenportal „t-online“. Da reiche die Gesetzeslage nicht aus. Deshalb soll künftig bei allen Antragstellern geprüft werden, ob sie „psychologisch geeignet“sind. Das befürwortet auch der grüne Koalitionspartner. „Wir fordern schon lange fachpsychologische Gutachten für alle über 25 Jahren“, sagt der Ulmer Abgeordnete Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Bislang müssen Jäger und Sportschützen, die eine Waffe beantragen wollen, nachweisen, warum sie dieses „Bedürfnis“haben. Sportschützen müssen seit mindestens zwölf Monaten Mitglied in einem Schützenverein sein – und dort regelmäßig schießen.
Jäger brauchen einen gültigen Jagdschein, um eine Waffenbesitzkarte zu beantragen. Seit 2020 sind die Waffenbehörden dazu verpflichtet, beim Verfassungsschutz nachzufragen, ob der Antragsteller als Extremist bekannt ist.
Warum und wie will Faeser die Behörden besser vernetzen?
Das Warum ist schnell erklärt: Die geplanten Änderungen werden in der Praxis wenig bringen, wenn die Behörden nicht besser zusammenarbeiten. Künftig sollen nach dem Willen der Innenministerin die Waffenbehörden nicht nur bei den Sicherheitsbehörden und der örtlichen Polizei abfragen, ob etwas gegen die Erteilung einer Waffenbesitzkarte spricht, sondern auch bei den Ge
sundheitsbehörden. Zudem soll wohl in einem Zeitraum von zehn Jahren – statt wie bisher fünf – überprüft werden, ob der Antragsteller als gewalttätig auffiel. Diese Abfrage soll auch frühere Wohnsitze umfassen. Ein weiterer Punkt der geplanten Verschärfung ist die Pflicht zur Internetrecherche für Behörden, wenn sie einen entsprechenden Hinweis bekommen. Diese Forderung klingt etwas trivial. Aber die Amoktat in Hamburg hätte vielleicht verhindert werden können, wenn die Beamten sich ausführlicher das online veröffentliche Buch des Täters angeschaut hätten.
Welche Waffen sollen für Privatleute verboten werden?
In einem Referentenentwurf vom Januar, der derzeit aber nochmals überarbeitet wird, heißt es, dass „kriegswaffenähnliche halbautomatische Feuerwaffen“verboten werden sollen – auch wegen ihrer Wirkung auf bestimmte Tätergruppen und Personenkreise. Die Anschläge in Utoya (Norwegen) und in Christchurch (Neuseeland) seien mit solchen Waffen verübt worden. Die Täter in Hamburg und in Hanau, beide Sportschützen, töteten ihre Opfer allerdings mit halbautomatischen Pistolen, die sie ganz legal besaßen. Diese Waffen sind in Deutschland weit verbreitet. Faeser kündigte zwar an, ein Verbot prüfen zu wollen. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass es so kommt.
Müssen Sportschützen künftig ihre Waffen im Schützenheim aufbewahren?
Auch darüber wird in Deutschland seit Langem diskutiert – ohne dass es dazu kommt. Denn selbst die Befürworter einer Verschärfung des Waffenrechts halten es für zu unsicher, wenn viele Waffen und große Mengen Munition an einem Ort aufbewahrt werden. Auch Schützenvereine lehnen diesen Vorschlag ab. Befürworter argumentieren hingegen, dass mit dem leichten Zugang zur Waffe auch die Wahrscheinlichkeit einer Tat wächst. Es sieht allerdings nicht so aus, als würde das Bundesinnenministerium einen zentralen Aufbewahrungsort vorschreiben wollen.
Was soll beispielsweise für Schreckschusswaffen gelten?
Auch da sind strengere Regeln geplant. Künftig braucht es einen sogenannten Kleinen Waffenschein inklusive Sachkundenachweis, um Schreckschuss-, Reizgas- oder Signalwaffen erwerben oder besitzen zu dürfen. Diese Waffen sind bei den Bürgern in Deutschland seit Jahren immer beliebter. Ende 2021 waren laut „Neue Osnabrücker Zeitung“im Nationalen Waffenregister rund 740.000 Kleine Waffenscheine vermerkt, knapp fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auch für den Erwerb und Besitz von Armbrüsten soll diese Regelung gelten.
Warum wollen Grüne und SPD das Waffenrecht verschärfen?
Weil sie durch Reichsbürger und Extremisten die öffentliche Sicherheit gefährdet sehen. „Wir sehen immer wieder, dass Extremisten zu leicht an legale Schusswaffen kommen und Behörden große Probleme bei ihrer Entwaffnung haben“, sagt Marcel Emmerich. Auch Faeser weist seit Monaten darauf hin, dass es neue Regelungen brauche, um Extremisten entwaffnen zu können. Das sieht die FDP jedoch anders. Schon heute sei im Waffenrecht „unmissverständlich“geregelt, dass psychisch kranke Menschen keine Schusswaffen besitzen dürfen, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle nach dem Amoklauf in Hamburg in der Tagesschau. Auch FDP-Justizminister Marco Buschmann stellt sich gegen die Pläne von Faeser. Seine Argumentation: Das geltende Recht müsse zwar besser durchgesetzt werden, aber das Waffengesetz sei streng genug. So argumentieren auch der Deutsche Jagdverband und der Deutsche Schützenbund, die in einem gemeinsamen Video gegen die geplante Waffenrechtsverschärfung Position beziehen.