Aesculap fährt Rekordumsatz ein
Gestiegene Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik sowie Investitionen belasten aber das Ergebnis des Tuttlinger Medizintechnikherstellers
- Mit einer Punktlandung hat das Management des Medizintechnikherstellers Aesculap das Geschäftsjahr 2022 abgeschlossen. Vor Jahresfrist stellte Ex-Chef Joachim Schulz Erlöse jenseits der Zwei-Milliarden-EuroMarke in Aussicht. Nun konnte sein Nachfolger Jens von Lackum (Amtsantritt: 1. April 2022) Vollzug melden. 2,06 Milliarden Euro hat das Unternehmen aus Tuttlingen im vergangenen Jahr mit chirurgischen Instrumenten, Implantaten, Nahtmaterial und Mikroskopen weltweit umgesetzt. Ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr (1,87 Milliarden Euro) und ein neuer Rekord.
B.-Braun-Chefin Anna Maria Braun fand für die Leistung der Aesculap-Mannschaft am Donnerstag lobende Worte. Auf der Bilanzpressekonferenz des Mutterkonzerns in Melsungen, zu dem Aesculap seit 1976 gehört, sprach sie von einem „starken Umsatzwachstum“. Knapp ein Viertel der B.-Braun-Erlöse in Höhe von 8,5 Milliarden Euro steuerte Aesculap bei. Deutlich verhaltener fiel ihr Resümee aber mit Blick auf die
Profitabilität aus. „Mit der Ergebnissituation sind wir nicht zufrieden“, sagte Braun. Der Gesundheitskonzern musste einen deutlichen Gewinneinbruch verkraften. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern brach um knapp die Hälfte auf nur noch 248 Millionen Euro ein. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 144 Millionen Euro, nachdem im Jahr 2021 noch 300 Millionen Euro ausgewiesen wurden.
Ergebniszahlen für Aesculap weist B. Braun nicht separat aus. Doch Spartenchef von Lackum hatte im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“vergangenen Dezember bereits angedeutet, dass das Ergebnis 2022 „unter Druck“sei. Aesculap galt in der Vergangenheit – gemessen am Umsatzanteil – als die ertragsstärkste Sparte des B.-Braun-Konzerns. Von dieser Ertragskraft scheinen die Tuttlinger inzwischen aber ein gutes Stück entfernt. So zumindest lassen sich die Äußerungen von Anna Maria Braun deuten.
Gestiegene Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik hätten das Ergebnis von B. Braun und damit auch von Aesculap
2022 deutlich belastet. Auf fast 500 Millionen Euro bezifferte die Chefin die damit einhergehenden Zusatzkosten konzernweit. Zwar habe man mit Maßnahmen zur Verbesserung der Profitabilität frühzeitig gegengesteuert. Strukturen und Prozesse seien kritisch geprüft und in der Folge auch gezielt Arbeitsplätze abgebaut worden. Bei Aesculap in Summe rund 300, in Tuttlingen 92. Doch habe man damit die negativen
Effekte nicht kompensieren können. Ob es vor diesem Hintergrund eine Ergebnisbeteiligung für die Mitarbeiter gebe, sei offen. „So wie die Zahlen sind, wird es schwierig“, sagte die B.-Braun-Chefin. Eine Entscheidung darüber soll im April fallen.
Anna Maria Braun sprach von „Umbrüchen, die bleiben“. Deshalb wolle B. Braun die 2022 begonnenen strukturellen Anpassungen auch im laufenden Jahr „fortsetzen und intensivieren“. An dem bis 2025 geltenden Zukunftssicherungsvertrag für den Standort Tuttlingen, das hatte Spartenchef von Lackum im Dezember gesagt, werde jedoch nicht gerüttelt.
Nicht zurückfahren wolle man hingegen Investitionen in die Zukunft. In diesem Punkt spielt Aesculap für den B.-Braun-Konzern eine besondere Rolle. Die Tuttlinger sollen sich nämlich auf die Zukunftstechnologien Additive Verfahren – umgangssprachlich auch als 3-D-Druck bezeichnet – und Robotik konzentrieren. Große Hoffnungen setzt der Mutterkonzern beispielsweise auf das digitale, roboterassistierte Operationsmikroskop Aesculap Aeos oder auf die Serienfertigung von 3-Dgedruckten Bandscheibenimplantaten. Letztere ermöglichen Anna Maria Braun zufolge „völlig neue Designs, die sich besser in die Knochenstruktur der Wirbelsäule integrieren lassen und besser verwachsen“.
Im laufenden Jahr rechnet Aesculap mit weiter steigenden Umsätzen. Die Wachstumsrate soll dabei erneut über dem B.-BraunKonzerndurchschnitt liegen.