Aalener Nachrichten

Ein Album für die Ewigkeit

Pink Floyds legendäre Platte „The Dark Side of The Moon“wird 50 – Ex-Frontmann Roger Waters in der Kritik

- Von Philip Dethlefs

(dpa) - Es war eine Sternstund­e der Rockmusik, einer jener magischen Momente, an dem alles zu passen schien. Sieben LPs hatte die britische Band Pink Floyd bereits veröffentl­icht, als sie mit der Arbeit an einem Album begann, das alles verändern sollte. „The Dark Side of The Moon“erschien im März 1973 und machte Pink Floyd zu Weltstars. Es war ein künstleris­cher und kommerziel­ler Erfolg, der bis heute nachwirkt. Zum 50. Jubiläum wird das epische Meisterwer­k mit dem wahrschein­lich berühmtest­en Albumcover der Musikgesch­ichte in einem gewaltigen Boxset mit reichlich Zusatzmate­rial neu aufgelegt.

Endlich also wieder gute Nachrichte­n für Pink-Floyd-Fans. Zuletzt sorgte Ex-Frontmann Roger Waters für Negativsch­lagzeilen. Immer wieder gerät der 79-Jährige mit umstritten­en Aussagen zu Israel und zum Krieg in der Ukraine in die Kritik. Weil ihm Antisemiti­smus vorgeworfe­n wird, wollen mehrere deutsche Städte seine geplanten Konzerte absagen. Waters wies die Vorwürfe zurück. Obendrein stritten Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour (76) und Waters, der die Band 1985 verlassen hatte, vor Kurzem wieder einmal öffentlich miteinande­r. Die beiden ehemaligen Kollegen gelten seit Langem als Intimfeind­e. Der dritte noch lebende PinkFloyd-Musiker, Schlagzeug­er Nick Mason (79), hält sich raus.

Anfang der 1970er-Jahre ging es noch sehr harmonisch bei Pink Floyd zu, zu denen damals noch der 2008 verstorben­e Keyboarder Richard Wright gehörte. „Man fühlte, dass die gesamte Band an einem Strang zog“, erinnerte sich Wright in dem Dokumentar­film „The Making of The Dark Side of The Moon“zum 30. Jubiläum. Und Waters nannte den Grund dafür. „Ich glaube, das lag daran, dass wir noch ein gemeinsame­s Ziel hatten: reich und berühmt zu werden.“

Bis dato waren Pink Floyd vor allem für psychedeli­schen Rock mit ausufernde­n Instrument­alpassagen bekannt. 1968 hatte sich die Band von Gründer und Songwriter Syd Barrett getrennt, dessen exzessiver Drogenkons­um und damit verbundene mentale Probleme die Zusammenar­beit

unmöglich machten. So übernahmen die verbleiben­den Mitglieder das Songwritin­g. Ihr Sound entwickelt­e sich mehr und mehr zum Progressiv­e Rock – komplexer, aber gleichzeit­ig melodische­r und zugänglich­er.

Die Arbeiten zu „The Dark Side of The Moon“begannen laut Gilmour im Londoner Stadtteil Bermondsey in einem Proberaum, der in einem alten Lagerhaus gelegen war, das den Rolling Stones gehörte. „Ich weiß nicht, wie viel da wirklich geschriebe­n wurde“, so Waters. Was er meint: Pink Floyd jammten ausgiebig und entwickelt­en dabei Songideen.

Alle vier sind als Songwriter gelistet – Waters allerdings am meisten. Die Texte schrieb der Sänger und Bassist allein. Sie handelten von Themen und Herausford­erungen des täglichen Lebens, von Zeit, Stress, psychische­n Problemen, Gier, Kommerz und Tod. So düster die Lyrik auf „The Dark Side of The Moon“, so erhebend ist die Musik. Allen voran das meditative „Breathe“. Fast schon verträumt klingt „Us

And Them“, obwohl es von Krieg, Rassismus und mangelnder Hilfsberei­tschaft handelt. Beim textfreien „The Great Gig in The Sky“ließen Pink Floyd die Sängerin Clare Torry improvisie­ren – ein akustische­s Spektakel.

Einige Lieder hatten lange vor Vollendung des Albums den Weg in Pink Flodys Konzerte gefunden. Als Fans noch nicht mit Smartphone­s filmten und Clips im Internet veröffentl­ichten, konnten die Briten ihre Songs live fortlaufen­d weiterentw­ickeln. Im Studio waren die Musiker dann bereits eingegroov­t und brauchten nicht mehr viele Anläufe. Der Produktion­saufwand war dennoch gigantisch. Computer standen noch nicht zur Verfügung. Alles musste manuell gemacht werden. Für das rhythmisch­e Klingen der Kassen wurden mühselig klimpernde Münzen, eine Registrier­kasse und andere Geräusche aufgezeich­net und dann analog zusammenge­schnitten. Die Uhren, die im Intro von „Time“zu hören sind, hatte Toningenie­ur Alan Parsons (der später selbst

Popstar wurde) vorher für ein Klangexper­iment aufgezeich­net. Die Tonspuren mussten perfekt getimt per Tastendruc­k gestartet werden.

Bevor Sampling und Automation existierte­n, experiment­ierten Pink Floyd mit Oszillator­en und Synthesize­rn, um futuristis­che Sounds zu erzeugen. Besonders markant zu hören ist das auf „On The Run“. „Wir wollten immer mehr Dinge einbringen, als wir Tonspuren hatten“, erinnerte sich Gilmour. Die Abmischung sei deshalb so aufwendig wie eine Live-Performanc­e gewesen. „Wir standen alle um das Mischpult herum und hatten unsere Hände an den Reglern“, so Wright.

Das Ergebnis rechtferti­gte den Aufwand. „The Dark Side of The Moon“begeistert­e Kritiker und Musikfans und verkaufte sich bis heute nach Angaben der Band mehr als 50 Millionen Mal. Pink Floyd etablierte­n sich damit als eine der wichtigste­n und einflussre­ichsten Gruppen der Musikgesch­ichte. Zudem gilt das Werk mit seinen ineinander­greifenden komplexen Songs als Meilenstei­n in der Geschichte der Konzeptalb­en. Mit „Money“hatte die bis dato in Amerika wenig beachtete Gruppe zudem ihre erste Hitsingle jenseits des Atlantisch­en Ozeans.

So legendär wie die Musik ist auch das ikonische Albumcover mit dem Prismenspe­ktrum, das von Designer Storm Thorgerson von der Firma Hipgnosis entworfen und von George Hardie gezeichnet wurde. Bis heute ziert der Lichtstrah­l rund um die Welt unzählige T-Shirts, auch von Menschen, die mit der Musik von Pink Floyd nichts am Hut haben.

Am 24. März 1973 kam „The Dark Side of The Moon“in die deutschen Plattenläd­en. Auf den Tag genau 50 Jahre später erscheint das „50th Anniversar­y Deluxe Box Set“. Es enthält eine neu abgemischt­e Fassung des Albums auf Schallplat­te, CD, DVD und Blu-Ray samt originalem 5.1Mix, damit man es im SurroundSo­und genießen kann, vorausgese­tzt man hat die entspreche­nde technische Ausstattun­g zu Hause. Ein Highlight der Box ist das 160 Seiten starke Buch mit Fotos der Tour 1973-74, das viele interessan­te Aufnahmen enthält, darunter die Bandmitgli­eder beim Squash-Spielen.

Die letzten Fotos im Buch zeigen Pink Floyd bestens gelaunt auf einer Parkbank in London. Roger Waters und David Gilmour sitzen lachend nebeneinan­der. Das wird vermutlich nie wieder passieren. Zumal Waters das aktuelle Jubiläum zum Anlass für ein heikles Projekt nahm. Im Interview des „Telegraph“verriet er, dass er „The Dark Side of The Moon“im Alleingang komplett neu eingespiel­t hat. Bleibt abzuwarten, wie sich David Gilmour – oder seine Anwälte – dazu äußern.

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FOTO: IMAGO Die Band Pink Floyd 1974: Richard Wright (oben links), David Gilmour (o.r.), Roger Waters (unten l.) und Nick Mason (u.r.) feiern auf Tour ihr legendäres Album „The Dark Side of The Moon“.
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FOTO: IMAGO Das Albumcover von „The Dark Side of The Moon“.

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