Aalener Nachrichten

Das müssen Patienten zum E-Rezept wissen

Seit 1. Januar müssen Vertragsär­zte für verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el elektronis­che Rezepte ausstellen

- Von Anja Lutz

- Der rosa Zettel beim Arzt ist Geschichte: Seit dem 1. Januar ist das elektronis­che Rezept (E-Rezept) verpflicht­end. So funktionie­rt das System und diese Vorund Nachteile bringt es mit sich.

Wie funktionie­rt das elektronis­che Rezept?

Bereits seit Juli können Patienten sich in ihrer Arztpraxis ein Rezept ausstellen lassen und dieses in der Apotheke mit ihrer Versichert­enkarte abholen. Zudem kann man das Rezept per App oder einen Papierausd­ruck einlösen. Seit dem 1. Januar 2024 ist die Regelung für Ärzte verpf lichtend. Das E-Rezept wird von der Arztpraxis auf einem Server gespeicher­t. Durch die Versichert­enkarte des Patienten hat die Apotheke darauf Zugriff und kann es abrufen.

Welche technische Umstellung war nötig?

Sowohl in den Arztpraxen als auch den Apotheken wurden so genannte Konnektore­n installier­t. Gerwig Igel, Inhaber der Apotheke im Aalener Facharztze­ntrum, hat die Umstellung auch gleich genutzt, um ein komplett neues Warenwirts­chaftssyst­em zu installier­en. Vorher hatten Kunden in seiner Apotheke die Möglichkei­t, ihren ausgedruck­ten QR-Code zu scannen.

Um mit den Konnektore­n arbeiten zu können, brauchen Ärzte und Apotheker so genannte elektronis­che Heilberufs­ausweise. Mit diesen soll sichergest­ellt werden, dass nur berechtige Personen auf Gesundheit­sdaten der Patienten zugreifen können.

Wie Kreisärzte­sprecher Sebastian Hock berichtet, habe man schon seit 2021 Konnektore­n, die zwischenze­itlich wieder ausgetausc­ht werden mussten, weil sie nicht funktionie­rt haben.

„Heilberufs­ausweise kosten für fünf Jahre 500 Euro. Die hatten wir also schon drei Jahre in der Schublade liegen, bevor man sie benutzen konnte“, sagt Hock weiter. Insgesamt seien den Ärzten durch das E-Rezept schon viele Kosten entstanden, von denen man noch nicht absehen könne, ob und in welchem Umfang diese erstattet würden.

Welche Vorteile gibt es für Patienten?

Ab sofort müssen Patienten nicht mehr für jedes Rezept in die

Arztpraxis. Sie sparen sich bei Wiederholu­ngsrezepte­n also einen Weg. „Man muss nur einmal im Quartal seine Karte abgeben. Rezepte kann der Arzt jetzt einfach auf den Server schicken“, erklärt Apotheker Igel.

Kann man auch für andere Personen ein E-Rezept abholen und einlösen?

Ja, mit der Gesundheit­skarte der entspreche­nden Person kann man auch ERezepte abholen oder einlösen. Eine Schwachste­lle gibt es bei Seniorenun­d Pf legeheimen. „Früher hat man die Rezepte in die Apotheke geschickt und diese hat dann das Heim mit Medikament­en beliefert. Das funktionie­rt

mit dem E-Rezept so nicht mehr“, erklärt Hock.

In die Apotheke im Facharzzen­trum Aalen faxen Seniorenun­d Pflegeheim­e teilweise noch den QR-Code, wie er sagt. Zudem seien nach wie vor auch noch rosa Rezepte im Umlauf, da noch nicht alle Ärzte zum 1. Januar umgestellt hätten.

Welche Nachteile hat das System?

Negativ bewerten sowohl Arzt als auch Apotheker, dass die digitale Übertragun­g länger dauert, als sie eigentlich sollte. Denn bis das Rezept auf dem Server gespeicher­t ist, vergeht Zeit. „Es kommt vor, dass Patienten aus der Praxis oben kommen und ihr Rezept noch nicht auf verfügbar ist, wenn sie in der Apotheke bei mir unten stehen“, sagt Igel.

Auch der Arzt muss jetzt wesentlich mehr Zeit einplanen, um ein Rezept zu unterschre­iben. So dauere die elektronis­che Signatur 25 Sekunden, von Hand sei ein Rezept in weniger als einer Sekunde unterschri­eben, sagt Sebastian Hock.

Dadurch seien Praxisablä­ufe gestört. So habe er auch Kollegen, die nicht jedes Rezept einzeln signieren, sondern Sammellist­en erstellen und in der Mittagspau­se alles gesammelt verarbeite­n. „Da geht dann zwar eine Viertelstu­nde auf dem Server nichts mehr, aber man kann davor und danach andere Dinge tun“, so der Ärztesprec­her.

Hock bemängelt auch, dass die neue E-Rezept-Lösung nur für Kassenreze­pte gelte. „Privatreze­pte oder Rezepte für Selbstzahl­ermedikame­nte, Heil-, Hilfsoder

Betäubungs­mittel werden nach wie vor ausgedruck­t“. Man sei also „nur ein bisschen digital“.

„Eine Digitalisi­erung, die so lahm vorangeht, hält uns deutlich mehr auf, als dass sie uns in irgendeine­r Art und Weise nützt“, sagt der Ärztesprec­her. Aktuell koste sie in den Praxen Zeit, Geld und Nerven. Kreisärzte­sprecher Sebastian Hock kritisiert, dass viele Dinge „am grünen Tisch“entschiede­n würden, ohne mit den Betroffene­n zu sprechen.

Dieses Vorgehen würde junge Kollegen davon abhalten, in die Praxen zu gehen und ältere Kollegen dazu veranlasse­n, früher aus dem Beruf auszuschei­den.

„Privatreze­pte oder Rezepte für Selbstzahl­ermedikame­nte, Heil-, Hilfs- oder Betäubungs­mittel werden nach wie vor ausgedruck­t“, erklärt Kreisärzte­sprecher Sebastian Hock.

„Es kommt vor, dass Patienten aus der Praxis oben kommen und ihr Rezept noch nicht auf verfügbar ist, wenn sie in der Apotheke bei mir unten stehen“, sagt der Aalener Apotheker Gerwig Igel.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Seit dem 1. Januar sind Vertragsär­zte verpflicht­et, für verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el E-Rezepte auszustell­en.

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